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BAUSTEIN 351 - 400

400. Himmel und Erde  -  22. April 2017

In diesem Baustein beziehe ich mich auf das Daodejing des Laozi, genauer gesagt auf meine Bearbeitung des Daodejing, die unter dem Titel „Hände weg, doch pack an“ als Buch erschienen ist.

Aus dem 1. Kapitel des Daodejing:

Es gibt einen zeitlosen Urgrund in allem.
Es gibt einen Weg in allem,
der sich in der Zeit entfaltet.
Das Wortlose
ist der Urgrund von Himmel und Erde.
Das Benennende
ist die Entfaltung aller Dinge.

Dem 59. Kapitel habe ich den Titel „Verbinde Himmel und Erde“ gegeben. Dieses Kapitel habe ich wie folgt gestaltet:

Leite Menschen an,
dass sie sich entfalten können,
ohne anderen zu schaden.
So dienst du dem Himmel.
Achte auch darauf,
dass du dich selbst entfaltest,
ohne anderen zu schaden.
Verbinde Himmel und Erde.
Trage dazu bei,
dass die Möglichkeiten des Himmels die Erde befruchten.

Das Väterliche macht die Dinge möglich,
das Mütterliche macht sie wirklich.
Wenn du diesen Vorgängen dienst,
sind Himmel und Erde in dir,
und dein Glück ist von Dauer.

Die eigentliche Aufgabe der heute lebenden Menschen ist es, ein Kanal zu werden, der Himmel und Erde verbindet, damit die Lebendigkeit den ihr gemäßen Weg nehmen kann, damit sie nicht zur Todesstarre verkommt. Viele mit den fünf Sinnen nicht wahrnehmbare Wesen sind bereit, uns zu helfen, wenn wir sie nicht ignorieren. Eine Übung, die das bekräftigt, habe ich in einem früheren Baustein angegeben: 391. Eine Übung zur Verbindung mit Himmel und Erde.

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399. Ein Versuch  -  17. April 2017

Schau in dich selbst. Findest du da ein wahres Selbst? Es ist nichts da.

Aus Osho-Vorträgen wurde ein Buch mit folgendem Titel zusammengestellt: „Das Buch vom Ego - Von der Illusion zur Freiheit“. Marion Keul hat auf ihrer Website www.die-welt-ist-im-wandel.de zwei Auszüge aus diesem Buch veröffentlicht, unter dem Titel „Du läufst weg vor dir selbst!“ bzw. „Von der Illusion zur Freiheit“. Nun folgen einige Sätze aus diesen Auszügen.

„Meditation ist nichts als ein Hilfsmittel, um dir dein wahres Selbst bewusst zu machen - und das wird nicht von dir geschaffen, es braucht nicht erst von dir geschaffen zu werden. Es ist das, was du schon bist!

Du bist damit geboren worden. Du bist es. Es muss nur wieder entdeckt werden. Wenn das nicht möglich ist, oder die Gesellschaft nicht zulässt, dass man es entdecken kann... Und keine Gesellschaft lässt das zu, denn das wahre Selbst ist eine Gefahr - eine Gefahr für die etablierte Kirche, eine Gefahr für den Staat, eine Gefahr für die Masse, eine Gefahr für die Tradition. Denn wenn ein Mensch sein wahres Selbst erkennt, wird er zu einem Individuum. Dann fällt er nicht mehr unter die Massenpsychologie; dann fällt er nicht mehr irgendeinem Aberglauben zum Opfer, dann kann er nicht mehr ausgebeutet werden, dann kann er nicht wie Herdenvieh gelenkt werden, dann kann er nicht mehr herumkommandiert und mit Befehlen manipuliert werden.

Dann lässt er sein eigenes Licht leuchten und lebt nach seiner eigenen inneren Stimme. Dann hat sein Leben eine unermessliche Schönheit und Integrität.“

„Der Verstand ist auf irgendein Ziel, irgendein Objekt fokussiert. Meditation ist die Suche nach dem reinen Sehnen ohne Objekt, nur das Sehnen. ‚Was ist diese Sehnsucht in mir, die viel Geld haben will, viel Macht haben will, berühmt werden will... Was ist diese Sehnsucht in mir? Wer ist dieser Sehnende in mir? Worin besteht sein Wesen?’

Diese Sehnsucht zu kennen ist Meditation. Und sie in ihrer Reinheit zu kennen bedeutet, Gott zu kennen. Sehnsucht ohne irgendeinen Inhalt, reines Sehnen, die reine Flamme ohne jeden Rauch - das ist Gott.

Meditation führt dich zu Gott, denn sie führt dich zu deinem innersten Wesenskern.“

„Man hat dir eingeimpft, du müsstest wie Jesus Christus werden. Und in manchen Kulturen haben sogar alle das Ziel, wie Gott zu werden. Was für eine irrsinnige Welt! Aus dieser ganzen Programmierung musst du aussteigen! Wenn du freudig, entspannt und in Frieden leben willst, wenn du dich an der Schönheit dieser Existenz erfreuen willst, musst du aus diesem falschen Ego aussteigen.

Nur das will ich dir wegnehmen. Nur dieses Ego will ich dir nehmen, das ohnehin nur ein Fantasiegebilde ist. Es hat keine Wirklichkeit, darum kann ich dir eigentlich auch gar nichts wegnehmen. Und ich will dir dein Sein geben. Aber natürlich brauche ich es dir nicht zu geben - du hast es ja schon!“

Meditation ist für Osho nicht etwas, das im stillen Kämmerlein passiert. Es ist etwas, das in jedem Augenblick gegeben ist, in jedem Augenblick geschieht.

Marion Keul weist auch auf die Website von Karl Renz hin: karlrenz.com/index2.htm. Auf dieser Website fand ich einen Hinweis auf sein Buch „Das Buch Karl“. In diesem Buch sind Dialoge und Gesprächspassagen aus den Talks von Karl Renz wiedergegeben, z.B. unter dem Titel „Trau keinem toten Meister“ bzw. „Niemand kann erleuchtet sein“. Nun folgen einige Sätze aus diesen Auszügen.

„Karl: Wenn ich mich als weisen Erwachten betrachten würde, gäbe es vor mir lauter dumme Unerleuchtete. Das wäre Trennung. Das wäre die alte Illusion: Dass es hier einen gibt, der etwas weiß, und dass dort einer sitzt, der es nicht weiß. Aber ich rede von dem Wissen, das absolut ist. Es ist hier absolut - und es ist da genauso absolut. Es ist nichts Neues für dich. Deshalb ist es auch nicht etwas, das du erringen kannst. Nicht etwas, das du entdecken kannst. Es ist nichts, wo du hinkommen kannst. Es ist schon vollkommen da.“

„Karl: Krishna, Buddha, Jesus oder Sokrates - das sind alles Erscheinungen. Sie erscheinen dir als Ausweg. Jeder scheint dir ein Bild mit einem schönen Ziel zu zeigen oder wenigstens ein Loch in der Wand: Da kommst du durch. Du musst dich nur bemühen, hoch genug zu springen. Dann kommst du rüber. Du musst dich zwängen. Dann kommst du durch. Am Ende musst du nur Mut genug aufbringen, den letzten Schritt in den Abgrund zu treten.

Frage: Und stimmt das etwa nicht?

Karl: Nein, so hoch kannst du gar nicht springen. Und den Schritt kann keiner tun. Diesen Schritt in den Abgrund des Seins, in dir selbst, kann nur das Selbst tun. Und das Selbst braucht diesen Schritt nicht zu tun, weil es der Abgrund ist! Das Selbst ist der absolute Abgrund. Das absolute Nichts.“

„Karl: Trau keinem toten Meister, denn es gibt noch nicht mal lebendige.“

„Frage: Wer einmal erleuchtet ist, kann der jemals wieder diesen Zustand verlieren?

Karl: Immer wieder.

Frage: Ist er nicht ein für allemal drin?

Karl: Nein. Solange es einen Erleuchteten gibt, fällt er wieder raus. Es muss das Aha sein, dass das, was Selbst ist, was Sein ist - dass das ewig realisiert ist. Und es bedarf nicht irgendeiner Person, die das erkennt. Das Sein braucht nicht irgendein Phänomen, das realisiert, was Sein ist.

Frage: Nein, das Sein braucht es nicht. Aber ich brauche die Realisation. Oder das Erwachen.

Karl: Du brauchst es nicht. Es kann dich nie als Erleuchteten geben. Und es hat dich auch nie als Unerleuchteten gegeben. Lass das ganze gewichtige Prinzip Erleuchtung oder Erwachen wegfallen.“

Schau in dich selbst. Findest du da ein wahres Selbst? Es ist nichts da.

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398. Die Vollgeld-Initiative  -  31. März 2017

Vor Jahren wurde ich durch die Zeitschrift „ZE!TPUNKT“ auf die Schweizer Vollgeld-Initiative aufmerksam. Dank dieser Initiative ist die Schweiz das erste Land, in der das Volk über das Privileg der Geldschöpfung demokratisch bestimmen können wird.

Wie ist es dazu gekommen? Am 1. Dezember 2015 wurde die Vollgeld-Initiative mit über 110.000 gültigen Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht. Der Bundesrat hat seine Stellungnahme im November 2016 abgegeben. Es sind jedoch noch die Stellungnahmen von Nationalrat und Ständerat ausständig, sodass es frühestens Ende 2017 zur Volksabstimmung kommen wird.

Worum es dabei geht, wird auf der Website des Vereins Monetäre Modernisierung (MoMo), www.vollgeld-initiative.ch, ausführlich erklärt. Ich bringe eine kurze Zusammenfassung. Folgende Ziele sind damit verbunden:

Vollgeld darf nur von der Nationalbank in Umlauf gebracht werden. Das bezieht sich heute auf Münzen und Banknoten. Bargeld macht aber nur noch 10% des gesamten umlaufenden Geldes aus, 90% sind elektronisches Geld. In Zukunft soll auch das elektronische Geld allein von der Nationalbank hergestellt werden.

Ein Guthaben auf dem Bankkonto ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern nur ein Versprechen der Bank, bei Bedarf Bargeld auszuzahlen. Gerät eine Bank in Schieflage, können Kunden ihr Geld nicht mehr abheben. Es gibt zwar eine Einlagensicherung für Guthaben bis zu 100.000 Franken. Die dafür vorgesehenen Garantien von sechs Milliarden entsprechen aber nur 1,4 Prozent aller Guthaben. Daher soll das elektronische Geld zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel wie Banknoten und Münzen werden.

Das heutige elektronische Geld (Buchgeld) entsteht, wenn Banken Kredite gewähren. Das heißt, dass bei der Erschaffung von Guthaben gleichzeitig Geld und eine Schuld entsteht. Auf die Schulden fallen Zinsen an. Wenn das Buchgeld zum Vollgeld wird, kommt das Geld auch ohne Schulden in Umlauf. Banken sollen kein eigenes Geld mehr erzeugen dürfen, sondern nur noch Geld verleihen, das sie von Sparern, anderen Banken oder, soweit nötig, der Nationalbank zur Verfügung gestellt bekommen.

Auf allen Konten, die dem Zahlungsverkehr dienen, befindet sich ab dem Zeitpunkt der Umstellung Vollgeld, das heißt von der Nationalbank garantiertes elektronisches Geld. Die Bank verwaltet diese Konten wie Wertschriften-Depots. Das Geld gehört den Kontobesitzern und geht nicht verloren, falls eine Bank in Schieflage gerät. Allerdings wird es nicht verzinst.

Die NEOPresse sagt dazu: Ein 100%iges Schuldgeldsystem mündet immer im Crash, in Kriegen und sozialen Unruhen. „Schuldenschnitte helfen nicht wirklich, weil sich alle Wirtschaftssektoren aufs Neue bei den privaten Banken, die 98% des Geldes aus Luft erzeugen, verschulden müssen. [...] Nach wie vor entsteht das Geld zu 100% als Schuld/Kredit und daher ist eine Tilgung nicht möglich – es gibt immer nur eine Umschuldung, d.h. alte Schulden + neue Kredite + Zinsen [ - Rückzahlungen ] = neuer Schuldenstand.“ (Aus: Otmar Pregetter, „Vollgeld rein, Bargeld raus“, 2. Juni 2015.)

In Island hat eine Kommission im Auftrag des Ministerpräsidenten Davíð Gunnlaugsson im März 2015 einen Reformvorschlag eingereicht, bei dem es um die Einführung von Vollgeld geht. Und  am 5. September 2016 hat der neue isländische Ministerpräsident Johannesson zu einer prominent besetzten Tagung über Vollgeld eingeladen.

Weitere informative Websites:
www.vollgeld.ch      Verein für Vollgeldreform in der Schweiz
www.monetative.de Verein für Vollgeldreform in Deutschland
www.vollgeld.de      Wissenschaftliche Vollgeld-Website von Joseph Huber

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397. Illegale Kriege der NATO  -  20. März 2017

Stefan Schaer berichtete vor Kurzem in seinem Weblog über die SRF-Sendung „Arena“ vom 24. Februar 2017, zu der man den Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser eingeladen hatte, um ihn fertigzumachen. So wurde ich auf Daniele Ganser und sein neues Buch aufmerksam gemacht, das im Oktober 2016 bei Orell Füssli herausgekommen ist. Es hat den Titel „Illegale Kriege“ und den Untertitel „Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren - Eine Chronik von Kuba bis Syrien“.

Daniele Ganser weist in der Einleitung des Buches auf das weltweite Kriegsverbot in der UNO-Charta hin: „Zu diesem Verbot gibt es nur zwei Ausnahmen: Erstens gilt das Recht auf Selbstverteidigung, das heißt, ein Land, das angegriffen wird, darf sich verteidigen. Zweitens darf Krieg gegen ein Land geführt werden, wenn ein ausdrückliches Mandat des UNO-Sicherheitsrates vorliegt. Abgesehen von diesen zwei Ausnahmen ist Krieg verboten.“ (S. 13.)

Dennoch wurden seit 1945 viele Angriffskriege geführt, für die es kein Mandat des UNO-Sicherheitsrates gab. „Die Politiker des Landes, das den Angriff durchführt, also in aller Regel Präsidenten oder Premierminister, machen sich des schweren Verbrechens der Aggression schuldig und müssten angeklagt und bestraft werden, viele müssten ins Gefängnis. Doch genau dies geschieht nie oder selten, weil erstens die verantwortlichen Politiker [...] zu mächtig sind, als dass sie jemand festnehmen und bestrafen könnte. Und weil zweitens die Massenmedien es nicht wagen, die Politiker, die ohne UNO-Mandat Angriffskriege führen, klar und deutlich als Verbrecher zu bezeichnen.“ (S. 13.)

Daniele Ganser behandelt in dem Buch nur die illegalen Kriege, die die NATO unter Führung der USA vom Zaun gebrochen hat, weist aber darauf hin, dass auch andere Länder illegale Kriege geführt haben. Ein Ereignis hat den Autor besonders geprägt: Als die USA und Großbritannien unter einem erlogenen Vorwand im März 2003 in einem illegalen Krieg ohne UNO-Mandat den Irak angriffen und damit den Nahen Osten ins Chaos stürzten und zur Gründung der Terrormiliz IS beitrugen.

Das Inhaltsverzeichnis des Buches nennt folgende Kriege:

Der illegale Krieg gegen Iran 1953;
der illegale Krieg gegen Guatemala 1954;
der illegale Krieg gegen Ägypten 1956;
der illegale Krieg gegen Kuba 1961;
der illegale Krieg gegen Vietnam 1964;
der illegale Krieg gegen Nicaragua 1981;
der illegale Krieg gegen Serbien 1999;
der illegale Krieg gegen Afghanistan 2001;
der illegale Krieg gegen Irak 2003;
der illegale Krieg gegen Libyen 2011;
der illegale Krieg gegen die Ukraine 2014;
der illegale Krieg gegen Jemen 2015;
der andauernde illegale Krieg gegen Syrien.

Daniele Gansers Fazit im letzten Kapitel des Buches:

„Der laufende sogenannte ‚Krieg gegen den Terror‘ [...] bietet keinen glaubwürdigen Ausstieg aus der Gewaltspirale an und löst das reale Problem des Terrors nicht, weil er im Kern gar nicht auf den Terror abzielt, sondern ein Kampf um Erdöl, Erdgas, Geld und Macht ist. Der sogenannte ‚Krieg gegen den Terror’ ist ein Kampf um Rohstoffe und globale Vorherrschaft.“ (S. 329.)

„Die Schweiz und Österreich sollten zur strikten Neutralität zurückkehren, keine Truppen ins Ausland schicken und die sogenannte ‚Partnership for Peace’ der NATO verlassen, weil es sich angesichts der NATO-Angriffskriege hierbei um eine ‚Partnership for War’ handelt. Deutschland sollte aus der NATO austreten und in Erinnerung der eigenen Geschichte keine Truppen ins Ausland schicken und sich als neutrales Land für das Völkerrecht und friedliche Konfliktlösung einsetzen.“ (S. 328f.)

Der Aufruf Bertha von Suttners von 1889, „Die Waffen nieder!“ (Romantitel), ist zeitlos und stößt bis zum heutigen Tag auf taube Ohren.

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396. Messias heute  -  13. März 2017

Die Sehnsucht nach einem Erlöser ist so alt wie das Leiden. „Zunächst waren Erlöser Befreier ihres Volkes aus Not und Unterdrückung, und Befreiung und Erlösung konnte nur ein Herrscher bewirken. So waren Retter, Erlöser, Heiland der Welt in frühen Zeiten Beinamen, die allen Herrschern galten. Im Laufe der Geschichte wurde aus dem ‚politischen’ Heilbringer ein endzeitlicher Erlöser, ein Messias. Im Deutschen wird er auch ‚Heiland’ genannt. Für die Christen wurde Jesus Christus der Heiland.“ Die Worte „Messias“ und „Christus“ haben dieselbe Bedeutung. Sie bedeuten „der Gesalbte“. (Aus: Sylva Harst, „Brauchen wir einen Messias? Messias-Erwartung und Endzeitsehnsucht vom alten Ägypten bis zum neuen Amerika“, S. 4.)

Die Sehnsucht nach dem Heilbringer, dem Messias hatte also ihren Ursprung in der Zeit der ersten Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien, in einer Zeit, in der den Menschen ihre Selbstständigkeit in kleinen, überschaubaren Gemeinwesen bereits weggenommen worden war.

Jesus von Nazaret hatte gelebt, doch nichts änderte sich in der Welt. Seine Impulse wurden weitgehend für verschiedene Eigeninteressen vereinnahmt. Er bleibt für uns ein göttliches Wesen, das uns den Weg zu Frieden auf Erden vorausgegangen ist. Durch alle Jahrhunderte seither hat es Einzelne gegeben, die sein Beispiel verstanden und in ihrem Leben etwas Adäquates verwirklicht haben. In der heutigen Zeit, in der die Menschheit in immer schnellerem Tempo dabei ist, die Basis ihres eigenen Überlebens auf der Erde zu vernichten, reicht das nicht mehr. Und genauso wenig reicht es, die Hoffnung auf einen Wandel in eine sogenannte „Endzeit“ zu projizieren.

Wir alle sind gemeint und gefordert. Gefordert, in unserer Begrenztheit unsere Unendlichkeit, in unserer Irdischheit unsere Göttlichkeit zu entdecken und zu entfalten, voll Liebe, fern von jedem Machtwahn, fern von jeder Isolation und Eigenbrötlerei. Wir müssen uns verständigen und einander bestärken, unabhängig von allen Konzepten und Worten, die Verschiedene von uns verwenden, unabhängig von politischer oder religiöser Ausrichtung. Wir müssen einander von Mensch zu Mensch begegnen, nicht als Vertreter von Dogmen oder Lehren. Wo wir gehen und stehen, unprätentiöse Botschafter dieser Lebensweise zu sein, durch unser Beispiel, darauf kommt es an. Und wehleidig dürfen wir nicht sein.

Messias heute - das nicht als Einzelne, sondern im Händereichen zu sein, darauf kommt es an, das sind wir alle, wenn wir es erfassen.

(Siehe auch: 211. Warten auf Godot, 274. Der innere Messias.)

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395. Atomkraft - Drachenkraft - Fukushima  -  20. Februar 2017

„Atomkraft - Drachenkraft“ ist der Titel eines Kapitels in dem Buch „Universum des menschlichen Körpers“ von Marko Pogačnik. Dass wir uns nicht missverstehen: Es geht hier nicht darum, die Drachenkraft zu verteufeln.

„Drachen erscheinen in den mythischen Überlieferungen vieler Kulturen weltweit als doppelgesichtige Wesen. Sie können den Menschen alles Glück der Erde zuteil werden lassen oder gnadenlose Zerstörung verursachen. Sie symbolisieren die Urkräfte der Erde und des Universums. [...] In der Sprache der klassischen griechischen Philosophie würden sie als Kräfte des Chaos bezeichnet werden.“ (S. 129.)

In den Kulturen der Eisenzeit wurde der Mythos des Drachentöters erfunden. „In der Neuzeit wurde die Gestalt des Drachentöters in die gefährliche Praktik verwandelt, Atome zu spalten oder künstlich zu fusionieren, um elektrische Energie zu erzeugen oder Feinden den Tod zu bringen. Als Folge davon wurde das zerstörerische Angesicht der Drachen wieder zum Leben erweckt, ohne deren heilige Rolle im Schöpfungsprozess des Lebens zu beachten.“ (S. 131.)

„Die Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima ist ein letztes warnendes Signal. Die atomare Manipulation läuft Gaias Bemühungen direkt zuwider, die Anwesenheit der Urkräfte auf der Erdoberfläche sicher zu gestalten. [...] Als Folge der gewaltsamen Erweckung der alten Drachenkräfte sind alle Lebewesen vom Aussterben bedroht, die Menschheit eingeschlossen.“ (S. 132.)

Was im letzten Jahr von Fukushima bekannt wurde, ist gefährlich genug. Ein gefrorener unterirdischer Erdwall konnte nicht verhindern, dass weiterhin Grundwasser in die zerstörte Anlage eindringt. Weiterhin fließt kontaminiertes Wasser in den Pazifik. Die geschmolzenen Brennstäbe sind teilweise zerfallen und es ist fraglich, ob sie je geborgen werden können, ohne mit Luft in Berührung zu kommen, sich dabei zu entzünden und riesige Mengen Radioaktivität freizusetzen.

Am 4. Februar 2017 hat Whitney Web auf trueactivist.com einen Artikel mit dem Titel „Radiation at Fukushima Spikes to Highest Levels Since 2011“ („Strahlung in Fukushima springt auf höchstes Niveau seit 2011“) gepostet. Der Artikel beginnt mit den Worten: „Die Betreiber des Kernkraftwerks Fukushima haben ein klaffendes Loch in einem Reaktor-Containment identifiziert, das zu einem drastischen Anstieg der Strahlungswerte geführt hat.“ Am 2. Februar 2017 hat die Firma Tokyo Electric Power Company (TEPCO) bekannt gegeben, dass die Strahlung innerhalb des Containments eines der ausgefallenen Reaktoren der Anlage 530 Sievert pro Stunde erreicht hat, während der höchste bisher in der Anlage gemessene Wert 73 Sievert pro Stunde war, die nach der Kernschmelze im Jahr 2011 aufgezeichnet wurden.

„TEPCO hat festgestellt, dass die Ursache des extremen Anstiegs der Strahlung ein Loch in der Bodenplatte des Containments ist. Das Loch wurde wahrscheinlich durch geschmolzene Brennelemente verursacht. Man wollte einen Roboter in den Bereich schicken, um den Schaden zu untersuchen. […] Jedoch sind frühere Versuche, Roboter zu verwenden, um in Fukushima Schäden zu messen oder Bruchstellen abzudichten, gescheitert. Mehrere Roboter wurden eingesetzt, um eine Bruchstelle in einem anderen Containment zu versiegeln, die 300 Tonnen radioaktives Wasser pro Tag in den Pazifischen Ozean freigibt. Aufgrund der dort vorhandenen hohen Temperaturen wurden alle Roboter funktionsunfähig gemacht und konnten die Aufgabe nicht zu Ende führen.“ Der Firmensprecher Yuichi Okamura erklärte, „dass geschmolzener Kernbrennstoff höchstwahrscheinlich ausgelaufen ist.“ [Möglicherweise in die Erde unter dem Reaktor.]

Am 20. Dezember 2016 hat Whitney Web auf trueactivist.com einen Artikel mit dem Titel „Fukushima Radiation Makes Landfall On US West Coast – And It’s Only The Beginning“ („Fukushima-Strahlung erreicht die US-Westküste - und das ist nur der Anfang“) gepostet. Der Artikel beginnt mit den Worten: „Vom Meer befördertes Cäsium 134, ein radioaktives Isotop, das bei der Fukushima-Katastrophe 2011 freigesetzt wurde, wurde von unabhängigen Forschern zum ersten Mal an der US-Pazifikküste entdeckt.“

„Forscher aus der Woods Hole Ozeanographic Institution (WHOI), ein crowd-funded Team von Wissenschaftlern, gab gestern bekannt, dass sie zum ersten Mal vom Meer befördertes Cäsium 134 im Meerwasser an den Ufern der Tillamook Bay in Oregon entdeckt haben. Die Gruppe beobachtet sei Jahren die vom Wasser getragene Strahlung, wie sie sich von Fukushima über den Pazifik ausbreitet. Laut WHOI und anderen Wissenschaftlern kann das Cäsium 134, ein gefährliches und karzinogenes radioaktives Isotop, aufgrund der kurzen Halbwertszeit oder Zerfallsrate [von ca. zwei Jahren] nur aus der Fukushima-Katastrophe stammen.

Die Proben enthielten 0,3 Becquerel/m3 des Isotops, eine relativ geringe Menge, die nach einigen Forschern und kommerziellen Medienberichten ‚kein Risiko für Mensch und Umwelt‘ darstellt. Es gibt jedoch keine ‚sicheren‘ Strahlungsmengen, was besonders für radioaktives Cäsium gilt, da es Kalium im Körper nachahmt. Die wirkliche und nicht erwähnte Gefahr hierbei ist die der Bioakkumulation. Bioakkumulation bezieht sich auf den allmählichen, im Lauf der Zeit erfolgenden Aufbau von Chemikalien in einem Organismus, wobei die Substanz schneller absorbiert als ausgeschieden wird. […] Kinder sind besonders gefährdet.“

Es ist für mich keine Frage, dass die Menschheit mit radioaktiven Spaltprodukten nicht umgehen kann. In der Region Fukushima haben sich bereits unglaubliche Mengen davon angesammelt, aber auch abgesehen davon haben wir keine Möglichkeit, sie umzuwandeln oder zu entsorgen. Ganz zu schweigen von Störfällen durch menschliche Unzulänglichkeit und von Flugzeugabstürzen und Terrorattacken. Wie Marko Pogačnik schreibt, ist die Katastrophe von Fukushima ein letztes warnendes Signal - das von den Verantwortungsträgern kaum ernst genommen wird. Mark Sircus schließt seinen Artikel „Hell Hole on Earth Discovered at Fukushima“ („Höllenloch auf der Erde in Fukushima entdeckt“), den er am 9. Februar 2017 im Internet veröffentlichte, mit den Worten: „Fukushima ist der Strahlenalptraum Japans und der Welt, der weder in unserem Leben noch im Leben unserer Kinder und Enkelkinder verschwinden wird.“

(Siehe auch: 249. Fukushima? Hoffnungslos, aber nicht ernst, 296. Atomkraft? Nein danke!.)

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394. Verteufelung der Natur  -  13. Februar 2017

In seinem Buch „Universum des menschlichen Körpers“ schreibt Marko Pogačnik auf Seite 124: „Gaia, zumindest als Mutter Erde, wird immer noch in einigen indigenen Kulturen verehrt. Ihr Partner, Pan, wurde vom mittelalterlichen Christentum bis zu dem Punkt gedemütigt, dass er zum Bild des Teufels wurde, zu einem Symbol des ultimativ Bösen. [...] Im alten Griechenland repräsentierte Pan den Gott der Natur. Er wurde bildlich als männliche Ziege im unteren Teil des Körpers dargestellt, und oben hatte er als Mann die Hörner der Ziege auf dem Kopf. So soll er fröhlich durch die Wälder und Landschaften gewandert sein, um mit Nymphen zu tanzen und auf seiner berühmten Panflöte zu spielen. Sein Bild glitt später in die Rolle des gefürchteten Gegenspielers Gottes ab: des Teufels.“ So wurde Pan zum Sündenbock gemacht, um menschliche Ängste vor der inneren Kraft der Natur auf ihm abzuladen.

Der schottische Wissenschaftler Robert Ogilvie Crombie, genannt Roc, gehörte zu den ersten Besuchern der erstaunlichen Gärten von Findhorn. Er konnte Naturgeister wahrnehmen und stellte diese Fähigkeit den Pionieren von Findhorn zur Verfügung. In einem Forum fand ich unter dem Pseudonym „hathor“ eine kurze Geschichte dazu, deren Ende ich hier wiedergebe. Als Roc einmal den Royal Botanic Garden of Edinburgh besuchte,  „hatte er plötzlich einen gleich großen Begleiter, der eine enorme Kraft ausstrahlte. Es war ein großer Faun. Dieser überraschte ihn mit der Frage ‚Hast du keine Angst vor mir?’ ‚Nein’, sagte Roc. ‚Aber alle Menschen haben Angst vor mir. Weißt du, wer ich bin, ich bin Pan.’ ‚Warum sollte ich Angst vor dir haben?’ ‚Die Menschen haben einen Teufel aus mir gemacht und von meinem Namen kommt das Wort Panik.’ ‚Für mich bist du der Gott der Wälder, der Blumen und Pflanzen.’ ‚Gut so’, sagte Pan. Dann hatte er plötzlich eine Flöte zwischen den Händen und spielte. Im selben Augenblick wurde Roc eins mit den Büschen, Bäumen und Pflanzen und ihren unzähligen Lebewesen, den Elementargeistern, Elfen, Gnomen, Feen, Faunen.“

Auch ich habe in seltenen Augenblicken schon solche Wesen gesehen. Es handelt sich nicht um ein alltägliches Sehen mit den physischen Augen! Es hat eine ganz besondere Qualität! Man kann es ein übersinnliches Sehen nennen oder einfach ein Sehen mit dem erweiterten Gesichtssinn.

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393. Frei von Institutionen  -  7. Februar 2017

Vor ein paar Tagen fand ich in Facebook einen Hinweis auf die Weihe einer Frau, noch dazu einer schwarzen, zur katholischen Priesterin. Nicht zur römisch-katholischen, denn die römisch-katholische Kirche anerkennt diese Weihe nicht, wenn auch die weihende Bischöfin, Christine Mayr-Lumetzberger, die apostolische Sukzession im Sinn der römisch-katholischen Kirche beansprucht. Die Weihe fand in Rochester statt, im amerikanischen Bundesstaat New York, in der Spiritus Christi Kirche. Die geweihte Frau heißt Myra Brown, ist verheiratet und hat fünf Kinder.

Spiritus Christi ist eine unabhängige katholische Kirche, die aus der römisch-katholischen Kirche hervorgegangen ist. Auf www.spirituschristi.org kann man ihren Werdegang nachlesen. Sie besteht seit dem Valentinstag 1999. Im Jahr 1998 war die römisch-katholische Pfarre Corpus Christi in Rochester von einer Maßregelung des Vatikans heimgesucht worden. Der Vatikan beanstandete drei Praktiken der Pfarre:

Die bedeutende Rolle von Frauen auf dem Altar während der Liturgien.

Die Feier von schwulen und lesbischen Hochzeiten.

Die Einladung an alle, an der Kommunion teilzunehmen.

„Die Diözese von Rochester feuerte unter dem Druck von Rom die Führer und beendete diese integrativen Praktiken. 1100 Mitglieder beschlossen, diese neuen Einschränkungen nicht zu befolgen, die sie für schädlich für Frauen, Schwule und Nichtkatholiken hielten. Stattdessen bildeten sie Spiritus Christi, ‚Geist Christi’, als den auferstandenen Corpus Christi, ‚Leib Christi’. Es wurde eine unabhängige katholische Kirche.

Die gefeuerten Führer und andere ehemalige Mitarbeiter wurden das Team der neuen Kirche mit Mary Ramerman als Pfarrerin. Zwei Jahre später wurde sie katholische Priesterin in einer historischen Ordination im Eastman-Theater, an der 3000 Menschen aus aller Welt teilnahmen.“

„Spiritus Christi ruht auf zwei Säulen, die dem Leben Jesu nachempfunden sind:

Inklusivität

Einsatz für die Armen

Alle sind willkommen und die Armen werden bevorzugt behandelt.

Die erste Säule, Inklusivität, basiert auf dem Versprechen Jesu: ‚Niemanden, der zu mir kommt, werde ich je abweisen.’

Die zweite Säule, Einsatz für die Armen, ist eine Fortsetzung von Jesu Wirken: ‚Ich bin gekommen, um den Armen eine gute Nachricht zu bringen, die Gefangenen zu befreien und den Unterdrückten beizustehen.’“

Diese zwei Säulen machen Spiritus Christi zu einer wahrhaftigen Jesus-Bewegung.

Die römisch-katholische Kirche hat ihre frühere Macht eingebüßt. Exkommunikationen sind wirkungslos geworden. Doch noch immer kann sie Menschen schädigen, indem sie Kündigung von Anstellungsverhältnissen auslöst und die Missio canonica entzieht. Wer nicht in solchen Abhängigkeitsverhältnissen steht, kann ihre Weisungen getrost ignorieren. Lasst uns frei von Institutionen leben, wo immer wir können.

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392. Ein Leben für den Irrtum  -  31. Januar 2017

In der Zeitschrift brennstoff Nr. 47 ist auf Seite 2 unter dem Titel „Ein Leben für den Irrtum“ und dem Untertitel „Fascism is capitalism in decay“ („Faschismus ist Kapitalismus im Verfall“) eine Kolumne von Moreau abgedruckt, die ich hier im vollen Wortlaut wiedergebe.

„Der europäische Karren steckt verdammt im Dreck. Wie ich es sehe, sind der Rechtsruck und die nationalistischen Bewegungen aber nur Symptome für eine strukturelle Krankheit, als deren gegenwärtige Sinnbilder Jean-Claude Juncker und Angela Merkel oder noch mehr die mörderische »Troika« stehen mögen – neoliberale Hardliner, die eine Politik nicht für die Bevölkerungen Europas, sondern für Vermögensverwalter, Banken und Konzerne machen. Die Leute spüren ganz richtig, dass sie von dieser neoliberal orientierten, im Prinzip antidemokratischen Politik, die die Ungleichheit verschärft und am laufenden Band soziale Verwerfungen produziert, nicht mehr gemeint sind, vielleicht auch nie gemeint waren, sondern verachtet werden. Der allertödlichste Fehler in der Konstruktion der EU ist wohl, dass der Neoliberalismus, z.B. die unsägliche Wettbewerbsdoktrin, in den Verträgen festgeschrieben wurde, was alternative, natur- und menschenfreundlichere wirtschafts- und sozialpolitische Ansätze praktisch ausschließt. Der Kampf gegen die Rechten findet derzeit auf verlorenem Posten statt, eben weil die Rechten nur Symptome, nicht Ursache der Krise sind. Die personifizierten Krisenverursacher in Amt und Würden, Juncker, Merkel, Schäuble, Schelling und wie sie alle heißen, mimen Abscheu und rümpfen über genau jene rechten Symptome die Nase, für deren Erstarken allerdings sie selbst den Boden bereitet haben und täglich weiter bereiten, dauerhaft unfähig, ihrer eigenen tragischen Rolle beim Niedergang Europas gewahr zu werden, bedeutete dies doch das Eingeständnis, das ganze eigene Leben lang an das Falsche geglaubt zu haben.“

Dass die Wettbewerbsdoktrin in den Verträgen festgeschrieben wurde, hat Gerald Oberansmayr in dem Artikel „Die Gewerkschaften werden fallen wie die Berliner Mauer“ am 11. Mai 2014 auf der Website der Solidarwerkstatt näher erklärt: „Nichts ist so einbetoniert wie EU-Primärrecht. Denn eine Veränderung des EU-Primärrechts ist nur möglich, wenn sich in allen 28 Mitgliedsstaaten Verfassungsmehrheiten bzw. Mehrheiten bei Volksabstimmungen dafür finden - gleichzeitig. Das ist – vor allem für Bewegungen von unten – faktisch unmöglich.“

Welche Konsequenz das für die eigenen Gedanken und Aktionen hat, muss jeder selbst wissen.

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391. Eine Übung zur Verbindung mit Himmel und Erde  -  23. Januar 2017

Im Baustein 391 stelle ich wieder eine Übung von Marko Pogačnik vor, diesmal aus seinem Buch „Elementarwesen - Begegnungen mit der Erdseele“, S. 218-219. Der Autor gibt an, dass er mit dieser Übung jeden Tag einleitet und dass sie auch in Situationen körperlicher oder seelischer Bedrängnis hilfreich ist. In dem nun folgenden Zitat habe ich in eckiger Klammer den Text des Autors durch eigene Formulierungen ersetzt.

„Als Erstes konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf einen Punkt einige Zentimeter unterhalb des Abschlusswirbels der Wirbelsäule, um die Beziehung zu [meinem mit der Erde verbundenen Wesen] aufzunehmen. Ich spüre die Fülle seiner Kraft und seine starke Verbindung zur Erde unter meinen Füßen, die mich, den Wurzeln eines Baums gleich, mit der Kraftsphäre der Erdmutter vereint. Danach lenke ich meine Aufmerksamkeit behutsam nach oben in die Bauchmitte, ohne dabei die Verbindung mit der Erdsphäre zu verlieren. Dadurch bringe ich die Qualität, die das Elementarwesen verkörpert, in die Mitte meines Gefühlsbereichs, um damit die ganze körperlich-seelische Struktur zu durchfluten. Danach konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf den Bereich einige Zentimeter über dem Kopf, um mit [meinem mit dem Himmel verbundenen Wesen] in Verbindung zu treten. Ich versuche, [seine] kosmische Tiefe zu erspüren und mich, den Ästen eines Baums gleich, in [seine] unermessliche Weite zu begeben. Danach leite ich diese Erfahrung hinunter in meine Herzmitte und lasse sie von da aus mein ganzes [Sein] durchstrahlen.“

Ich (Werner) unterstütze die Übung mit Bewegungen der Hände, sodass die rechte Hand auf die Bauchmitte und die linke Hand auf die Herzgegend zu liegen kommt und vor Beendigung der Übung beide Brennpunkte und meine Verbindung mit Himmel und Erde, zwischen denen ich meine Wurzeln und meine Äste entfalte, bewusst gegeben sind.

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390. Eine Liturgie zur Segnung und Räucherung  -  7. Januar 2017

Seit Gerhild und ich in der Pfarre Dreifaltigkeit Bern ein Faltblatt mit dem Titel „Haussegen an Erscheinung des Herrn“ bekommen haben, machen wir jährlich am 5. oder 6. Januar eine Feier zur Segnung und Räucherung - so auch gestern. Das Faltblatt habe ich stark verändert und eine eigene Liturgie entwickelt, die ich in diesem Baustein zur Verfügung stelle.


Haussegnung zum Fest Erscheinung des Herrn


Das Fest Erscheinung des Herrn wird im Volksmund auch das Fest der Heiligen Drei Könige genannt. Je nach den Gegebenheiten wird ein Haus oder eine Wohnung gesegnet.


Bei der Haussegnung wird geweihte Kreide verwendet. Solche Kreide wird von den Sternsingern ins Haus gebracht oder man erhält sie in der Kirche oder man weiht sie selbst, ähnlich wie im Kapitel „Weihe von Wasser und Räucherharz“ beschrieben.


Einstimmung


Eine Person zündet die Holzkohle oder das Teelicht für den Weihrauch an. Wenn der Rauch aufzusteigen beginnt, sagen wir:

Wie Weihrauch und Duft das Haus erfüllen, so soll unsere Hingabe an Gott und unsere Liebe zu den Menschen und zur ganzen Schöpfung uns erfüllen.


Eine Person sagt:

Mit dem Haussegen am heutigen Tag erneuern wir unsere Hingabe an Gott und verbinden uns von Herzen mit Jesus. Daraus soll etwas Tragendes für das ganze Jahr entstehen, für uns selbst und für alle Menschen, die hier aus und ein gehen. Die Zeichen, die wir oben auf die Tür schreiben, sollen uns immer wieder daran erinnern.


Nach dem zweiten Kapitel des Matthäusevangeliums


In einem fernen Land des Ostens hatten sternkundige und priesterliche Menschen einen Stern am Himmel gesehen, den sie als Stern eines Königs deuteten, der in dieser Zeit geboren werden und den Menschen die Fülle des Friedens bringen sollte. Die Konstellation am Himmel wies sie darauf hin, dass sie den neugeborenen König westlich von ihrem Land finden würden. Drei von ihnen machten sich auf den Weg nach dem Westen, und eine Schar von Wanderern begleitete sie, die alle den lang erhofften König sehen wollten. Sie zogen durch verschiedene Länder, doch sie wurden durch die Konstellation der Sterne immer weiter nach Westen gewiesen. Schließlich kamen sie nach Judäa, und hier auf einmal fanden sie den Stern in der richtigen Position. Es waren gerade vierzig Tage seit der Geburt Jesu vergangen.


Also gingen sie in die Hauptstadt Jerusalem hinein und fragten die Leute, ob es hier einen neugeborenen Königssohn gäbe. Ein Stern hätte seine Geburt angekündigt, und sie seien gekommen, um ihm ihre Verehrung darzubringen.


Der König Herodes hatte immer Angst, dass eine Intrige oder ein Umsturz sein Königshaus hinwegfegen könnte. Als er von der Ankunft der Menschen aus dem Osten hörte, berief er daher den Hohen Rat ein und fragte sie, ob nach ihren Schriften für diese Zeit ein neuer König zu erwarten wäre. Der Hohe Priester antwortete: Es wird ein Friedenskönig kommen, und er wird der Messias genannt werden. Wir wissen aber nicht, zu welcher Zeit das sein wird.


Herodes fragte: Und wo soll der Messias geboren werden?


Der Hohe Priester antwortete: In Betlehem, der Stadt Davids. So steht es beim Propheten Micha geschrieben.


Als Herodes das hörte, ließ er die Priester und Schriftgelehrten gehen und befahl, man möge die Gäste aus dem Osten zu ihm führen. Er sagte ihnen: Ich habe gehört, dass ihr einen neugeborenen Friedenskönig sucht. In meinem Palast gibt es kein neugeborenes Königskind. Geht nach Betlehem und fragt dort nach. Denn es gibt in unserem Land eine Prophezeiung, dass in Betlehem ein Friedenskönig geboren werden wird.


Sie zogen los in Richtung Betlehem. Als sie sich Betlehem näherten, sahen sie Hirten, die mit einer Schafherde unterwegs waren. Sie erzählten den Hirten ihre Geschichte. Es waren die Hirten, die in der Nacht seiner Geburt bei Jesus gewesen waren. Ein Hirt sagte: Fragt in Betlehem nach Josef und Maria aus Nazaret.


Die Menschen aus dem Osten, die eine monatelange Wanderung hinter sich hatten, gingen mit großer Freude in das Haus hinein, das ihnen die Leute in Betlehem gezeigt hatten. Drinnen fanden sie Josef, Maria und den kleinen Jesus. Da knieten sie vor dem Kind nieder. Und sie stellten ihre Geschenke vor das Kind hin: eine goldene Schale als Zeichen der königlichen Berufung, ein Säckchen mit Weihrauch als Zeichen der göttlichen Sendung und ein Säckchen mit Myrrhe als Zeichen der heilenden Kraft. Dann verließen sie Betlehem und zogen in ihr Land zurück.


Fürbitten


Die Antwort ist jeweils: Wir bitten dich, erhöre uns.


Jesus, unser Bruder und Heiland:

Segne uns und die Familien unserer Kinder und alle Menschen, mit denen wir verbunden sind.

Segne unser Haus und alle, die hier ein und aus gehen.

Schütze uns vor allen Gefahren und lass uns selbst ein Schutz für andere sein.

Bewahre uns vor Hass, Neid und Feindschaft anderer und bewahre uns davor, Hass, Neid und Feindschaft für andere zu empfinden.

Schenke uns deinen Frieden und mache uns zu Friedensstiftern.

Schenke unseren Verstorbenen das Glück der Auferstehung und die Gabe, dieses Glück grenzenlos und bedingungslos mit anderen zu teilen.


Du, unser Gott, dein Licht erleuchte uns und unsere Herzen, damit wir Jesus, deinem Sohn, mit immer größerer Freude nachfolgen. Amen.


Bezeichnung


Nun bezeichnen wir unsere Eingangstür mit der geweihten Kreide und sagen dazu:

Jesus, der du mit dem Vater aufs Innigste vereint bist, segne dieses Haus und uns und alle, die hier aus und ein gehen. Amen.


           20  C  +  M  +  B  17


(Bedeutung der Buchstaben:

Christus Mansionem Benedicat.)


(Bedeutung der Buchstaben im Volksglauben:

Caspar, Melchior, Balthasar.)


Räucherung


Wir gehen mit der Räucherpfanne durch das Haus und räuchern überall.


Schlussgebet


Du, unser Gott, wie die drei Weisen durch einen besonderen Stern nach Betlehem geführt worden sind und Jesus, deinen Sohn, als den Heiland der Welt erkannt haben, so wollen auch wir unserem inneren Stern folgen und mit Jesus ver­bunden bleiben.


Lass uns deine Liebe in großer Dankbarkeit empfangen und an alle Menschen, die du uns schickst, weitergeben, denn alle sind deine Kinder wie wir. Lass uns in unserem Heim Liebe und Frieden leben, füreinander und für alle anderen.


Erfülle uns mit deinem Licht und hilf uns, jede Bosheit aus unserem Herzen zu entfernen. Erfülle uns mit deinem Feuer, damit wir stets in deiner Gegenwart leben, jetzt und alle Tage unseres irdischen Lebens und über unseren Tod hinaus. Amen.

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389. Eine Quellnymphe als Maria  -  29. Dezember 2016

Marko Pogačnik gibt in seinem Buch „Elementarwesen - Begegnungen mit der Erdseele“ auf Seite 145 den folgenden Erlebnisbericht wieder: „Besonders schön sind die Quellnymphen, die die Geburt des Wassers aus dem Erdinneren begleiten. Oft entwickeln sie ihren Ort zu einer Quelle der Heilung und des Segens und werden dadurch gern zu einem Anziehungspunkt menschlicher Verehrung. Ein Beispiel dafür fand ich in Ljubljana, wo an einer winzigen Quelle eine Marienkapelle in Form einer künstlichen Grotte gebaut worden war, die von vielen Kranken und Verzweifelten aufgesucht wird. Als ich unter den Betenden stand, sah ich die wundersame Gestalt einer Quellnymphe, deren Schwingung durch die Kapelle und noch einige Meter über sie hinaus pulsierte und die tatsächlich in der Gestalt der Jungfrau von Lourdes erschien, als die sie hier verehrt wird. [...] Im Fall der Jungfrau von Lourdes am Stadtrand von Ljubljana - und dasselbe gilt für viele ähnliche Kapellen überall in Europa - ist den Gläubigen nicht im Geringsten bewusst, dass es ein höher entwickeltes Naturwesen aus dem Geschlecht der Quellnymphen ist, das hier den göttlichen Segen spendet.“

In der Öffentlichkeit werden solche Berichte für Märchen gehalten. Elf Seiten später schreibt Marko Pogačnik, „dass es vordergründig gar nicht um die Eroberung des öffentlichen Interesses geht, sondern darum, dass die Menschen einer nach dem anderen ihre Herzen für die Seele der Natur und deren Bewusstsein öffnen. [...] Erst wenn es genügend Menschen gibt, die innerlich, auch emotional, von der Welt der Elementarwesen berührt worden sind oder deren Existenz sogar persönlich erfahren haben, wird sich der Weg in die Öffentlichkeit von selbst öffnen.“

Zweimal in meinem Leben habe ich die Existenz von Elementarwesen persönlich erfahren. Dabei habe ich erlebt, wie sehr sie sich freuen, wenn sie einmal nicht mehr übersehen werden. Und wie auch immer man sie abbildet, ob realistisch in Märchenbüchern oder überhöht in anthroposophischen Schriften - so sind sie nicht wahrnehmbar, denn die Bilder, die sie uns übermitteln, erscheinen nicht im materiellen, sondern im feinstofflichen Bereich. Marko Pogačnik hat eine Technik entwickelt, sie in einfachen Strichzeichnungen darzustellen, und ermöglicht auf diese Weise, dass man ihre Dynamik spürt, wenn man den Strichen mit den Augen folgt.

Zum Abschluss bringe ich ein Gedicht, das ich zum Erlebnisbericht der Quellnymphe, die in der Gestalt der Jungfrau von Lourdes erscheint, verfasst habe. Es ist leicht erkennbar, welches Marienlied ich dabei abgewandelt habe.

Nymphe ich dich grüße
o Maria hilf
Heilungsbotin süße
o Maria hilf

Nymphe von den Quellen
o Maria hilf
send uns deine Wellen
o Maria hilf

Nymphe ohnegleichen
o Maria hilf
der die Leiden weichen
o Maria hilf

Ergänzung vom  8. Juni 2017:

Heute kam der Impuls, Maria zu fragen, was sie davon hält. Das ergab den folgenden Dialog.

Frage: „Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz, hast du etwas mit den Quellnymphen zu tun?“

Antwort: „Nein.“

Frage: „An den diversen Quellen, wo Marien­kapellen erbaut worden sind, wirken dort die Quellnymphen?“

Antwort: „Nein, dort wirke ich. Das hast du in deinem Liedtext schön zum Ausdruck gebracht.“

Das griechische Wort nymphē bedeutet übrigens Braut, junge Frau, heiratsfähiges Mädchen.

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388. Jesus als Mädchen  -  20. Dezember 2016

Immer wieder taucht die Frage auf: Was wäre, wenn Jesus als Mädchen geboren worden wäre? Jesus hat eigentlich Jeschua geheißen, das ist ein Männername. Für das Jesus-Mädchen erfinde ich einen Namen: Jeschuanna. Jeschua heißt „JHWH (Gott) ist Hilfe“ und Anna (Hanna) heißt „Erbarmt hat sich JHWH (Gott)“. Nach dem wissenschaftlichen Bibellexikon WiBiLex (Stichwort: „Frau“) wäre die Jeschuanna in eine patriarchale Gesellschaft hineingeboren worden, in der der öffentliche Bewegungsspielraum von Frauen eng war. Es gab eine grundsätzliche räumliche Geschlechtertrennung. Der Mann herrschte außerhalb des Hauses. Die Frau herrschte innerhalb des Hauses und war zugleich dem Mann unterstellt. „Grundsätzlich waren Frauen nicht rechtsmündig. Vor der Heirat wurden sie von ihrem Vater, danach von ihrem Ehemann bevormundet.“ Frauen, die niemals geheiratet hatten, galten als Prostituierte. Im Ersten Bundesbuch werden einige Prophetinnen erwähnt, z.B. Mirjam (Ex 15,20-21), Debora (Ri 4,5), Hulda (2Kön 22,14).

Was wäre also aus der Jeschuanna geworden? Sie hätte sich von Johannes am Jordan taufen lassen können. Und nehmen wir einmal an, sie hätte dort die Stimme Gottes gehört: „Du bist meine geliebte Tochter; an dir habe ich Wohlgefallen gefunden!“ Dass sie nun vierzig Tage allein in der Wüste geblieben wäre, ist ausgeschlossen. Auch dass sie dann begonnen hätte, öffentlich Jüngerinnen um sich zu scharen und als Wanderpredigerin herumzuziehen, ist nicht vorstellbar. Ohne zu heiraten wäre sie wie eine Prostituierte behandelt worden, eine Sünderin, mit der man nicht spricht. Als Prophetin hätte sie wirken können, jedoch nur in einem verwandtschaftlichen Kontext, nicht als Einzelpersönlichkeit.

Bleibt noch eine Frage übrig: Wie ist es denn sonst in den sogenannten Weltreligionen? Frauen hätten als Religionsstifterinnen nirgends eine Chance gehabt. In seinem Buch „Alle meinen den einen Gott - Lesungen aus den heiligen Büchern der Weltreligionen“ berücksichtigt Heinz Gstrein die folgenden Religionen:
Judentum (von legendären Persönlichkeiten wie Abraham und Mose geprägt);
Christentum (Religionsstifter Jesus oder Paulus);
Islam (Religionsstifter Muhammad);
Zoroastrismus oder Parsismus (Religionsstifter Zarathustra);
Hinduismus (hat nach dem Lexikon der östlichen Weisheitslehren als mythologisch gewachsene Religion keinen Stifter);
Buddhismus (Religionsstifter Siddhārtha Gautama);
Sikhismus (Religionsstifter Nānak);
Daoismus (Heinz Gstrein berücksichtigt nur das Daodejing, das dem Laozi zugeschrieben wird);
Bahaitum (von Heinz Gstrein nicht erwähnt, Religionsstifter Baha'ullah, Vorläufer Bab).

Der Hinduismus ist wie die anderen Weltreligionen stark patriarchalisch geprägt. Zur Zeit der Veden, der ältesten Schriften des Hinduismus, war es noch anders. „In vedischen Zeiten waren Frauen und Männer gleich, was Unterricht und Religion betrifft. Frauen haben an den öffentlichen Opfern an der Seite von Männern teilgenommen.“ Frauen konnten damals nicht nur Schülerinnen, sondern auch Lehrerinnen der heiligen Überlieferungen sein. (Nach: „Why so much discrimination against women?“ („Warum werden Frauen so sehr diskriminiert?“) auf www.indiadivine.org.

In diesen Tagen lese ich einige Bücher von Marko Pogačnik. Er meint, dass das Patriarchat bereits vor fünftausend Jahren begonnen hat, die Herrschaft zu übernehmen. Es wird immer vordringlicher, dass ein neues Denken und Fühlen entsteht.

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387. Der Hase als Lesezeichen  -  16. Dezember 2016

Vor zwei bis drei Jahren hat unsere Tochter Angelika für ihre Kinder aus braunem Naturpapier eine Hasenfamilie gemacht. Unsere Enkelin Rhonwen hat mir einen der Hasen geschenkt. Auf der nebenstehenden Abbildung ist er zu sehen. Seit einiger Zeit verwende ich ihn als Lesezeichen, und als solches ist er zu einem geheimnisvollen Leben erwacht.

Ich sage zu ihm: „Komm, Hase, wach auf! Ich will weiterlesen.“ Dann lege ich ihn neben das Buch und lese.

Wenn ich nicht mehr lesen will, sage ich: „Komm, Hase, du musst wieder ins Buch! Schlaf gut.“

Gerhild sagt dann: „Du musst ihn noch hinter den Ohren kraulen. Hasen haben das gern.“

Und ich antworte: „Einen Papierhasen kann man nicht hinter den Ohren kraulen.“

So funktioniert es am Abend, vor dem Einschlafen. Gestern wollte ich allerdings tagsüber lesen. Also sagte ich zu ihm: „Hase, ich weiß, dass das eine ungewöhnliche Zeit ist. Komm trotzdem heraus aus dem Buch, damit ich lesen kann.“

Als ich fertig war, sagte ich: „Hase, nun kannst Du wieder ins Buch.“

Gestern Abend hatte ich den Hasen neben das Wasserglas gelegt, das ich gerne beim Lesen auf meinem Nachtkästchen stehen habe. Als ich einen Schluck machte, schüttete ich ein wenig Wasser aus und zwei Tropfen davon trafen den Fuß des Hasen. Ich wischte ihn sofort trocken und entschuldigte mich sehr bei ihm. Er antwortete: „Mach in Zukunft das Wasserglas nicht so voll, dann wirst du mich nicht mehr anschütten.“

So ist der Hase zu einem total lebendigen Wesen geworden, und wir freuen uns beide jedes Mal sehr, wenn wir einander wieder sehen. Ob ein feinstofflicher Hase zu seinem Lebensspender und Beschützer geworden ist, das habe ich noch nicht herausgefunden. Es ist aber sehr plausibel.

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386. Maria, Königin des Friedens  -  3. Dezember 2016

Die Erscheinungen in Međugorje begannen im Jahr 1981. Die erschienene Frau wird von den Einheimischen Gospa genannt. Am dritten Tag erschien die Gospa der Marija ein zweites Mal und sagte zu ihr: „Friede, Friede, Friede und nur Friede“. Dann sagte sie: „Friede muss herrschen zwischen den Menschen und Gott und unter allen Menschen!“ Darum wird sie Kraljica Mira, Kö­nigin des Friedens genannt.

„Als ‚Königin des Friedens’ wurde Maria bereits im 17. Jahrhundert besonders verehrt. In ihrer Pariser Klosterkirche bargen Kapuziner ein Gnadenbild unter diesem Titel, dem einige wundersame Heilungen nachgesagt wurden - die bedeutendste soll am 9. Juli 1657 Ludwig XIV. widerfahren sein. [...] Das Bild überdauerte die Französische Revolution und wird heute in der Pariser Kirche der Genossenschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariä verehrt.“ (Aus dem Forum der Gemeinschaft „Zeugen der Wahrheit“, kath-zdw.ch.)

Was wäre in der heutigen Zeit dringender als die Arbeit für einen von innen kommenden Frieden. Können wir dabei der Mutter Gottes vertrauen, unabhängig von allen Erscheinungen, die ihr zugeschrieben werden? Interessante Antworten auf diese Frage hält der indische Vedanta bereit. Im Folgenden zitiere ich aus dem Aufsatz „A Vedantist's View of Mary“ von Swami Yogeshananda, dem Gründer des Vedanta-Zentrums in Atlanta. Die Übersetzung ist von Werner Krotz.

„Edith Dean sagt: ‚Ihre Verehrung überbrückt die Unter­schiede zwischen Klassen und Rassen, sie ist zeitlos gege­ben und immer neu. Jede Nation, wo die christliche Botschaft lebendig ist, betrachtet die Madonna mit Kind als ihr Eigentum. In einem großartigen Gemälde hat sie südeuropäi­sche Gesichtszüge, in einem anderen äthiopische und in einem dritten orientalische. Großartige Darstellungen der Madonna finden wir überall in Europa, Asien, Afrika, Nord­amerika und Südamerika.’ “

„Vedantisten fällt es leicht, in der Ankunft Christi einen doppelten Avatar zu sehen, weil es für sie offensichtlich ist, dass Sri Ramakrishna und Sri Sarada Devi zusammen das Göttliche auf der Erde manifestieren. Sie wissen zwar, dass nach christlicher Lehre die gesegnete Jungfrau Maria nur verehrt, nicht aber angebetet werden darf. Sie fühlen sich jedoch dazu hingezogen, die Mutter und den Sohn zusammen anzubeten. Das zeigt sich zum Beispiel ganz deutlich, wenn der Ramakrishna-Orden am Weihnachts­abend seine traditionelle Feier abhält. Beim Gottesdienst ist dann eine Darstellung der Jungfrau mit dem Kind im Mittelpunkt, und die liturgischen Gebete und Hymnen und Liebesgaben werden Maria genauso wie Jesus darge­bracht. Wir haben hier den vielleicht seltsamen Fall, dass eine heilige Persönlichkeit außerhalb der Tradition, zu der sie gehört, mehr verehrt wird als innerhalb der ursprünglichen Tradition.“

Sri Sarada Devi war die Ehefrau und spirituelle Gefähr­tin von Sri Ramakrishna.

„In letzter Zeit wurde die alte Vorstellung, dass Christus als der Pantokrator über kosmische Macht verfügt, im Zusam­menhang mit der modernen Wissenschaft neu präsentiert, und zwar von solchen Denkern wie Teilhard de Chardin. Es gibt nicht nur einen göttlichen und einen menschlichen Christus, sondern auch einen kosmischen Christus. Und sollte sie, die als die Mutter des göttlichen Christus, als die Mutter Gottes betrachtet wird, nicht auch als die Mutter des kosmischen Christus anerkannt werden? Als die kosmische Mutter?“

Es liegt an uns, diese Anregung für den Frieden in der Welt fruchtbar zu machen.

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385. Das Manhattan-Körperkosmogramm  -  18. November 2016

Vor zwei Jahren habe ich spontan ein neues Mudrā erfunden: 300. Das Mudrā der Verehrung und Verwandlung. Wenn ich dieses Mudrā mache, erlebe ich eine heilsame, erneuernde Wirkung.

Im Baustein 385 stelle ich wieder eine Übung vor, die ich als sehr wirkungsvoll erlebe: Das Manhattan-Körperkosmogramm zur Erdung des Kopfes. Diese Übung und die zugehörige Zeichnung sind von Marko Pogačnik, dem UNESCO-Künstler für Frieden und Entwickler von Methoden der Erdheilung. Er hat die Übung im Jahr 1999 auf der Insel Manhattan in New York empfangen. Wie er sagt, ist der Granitkörper Manhattans im Kern der Erde verwurzelt. Ich zitiere nun die Übung aus dem Buch „Gaiakultur - Der Weg zu einer Zivilisation der erwachten Herzen“ von Marko Pogačnik und Radomil Hradil, S. 122-123.

„Beuge dich nach vorn, sodass du mit deinen ausgestreckten Händen fast die Erde berührst. Stelle dir dabei vor, dass du mit den Händen bis zur Erdmitte hin reichst.

Richte dich nun langsam wieder auf und ziehe dabei die Verbindung mit der Erdmitte an der eigenen vertikalen Achse mit nach oben. Deine Hände liegen dabei mit den Handflächen aneinander.

Die Fingerspitzen weisen, bis sie auf der Höhe deines Unterleibs angelangt sind, erst noch nach unten, dann, auf der Höhe des Herzens, weisen sie nach oben.

Hebe deine Hände weiter an. Sobald du in der Höhe deines Gesichtes angelangt bist, verweile dort einen Moment lang in der Gebetsgeste vor deinem Dritten Auge.

Nach einer Weile breitest du die Arme langsam nach links und nach rechts so weit aus, wie es nur geht. Stelle dir dabei vor, dass du eigentlich das Feld deines Bewusstseins von innen her ausgeweitet hast.

Danach beugst du dich erneut zur Erde hinunter, und die Übung beginnt von vorn. Wiederhole sie einige Male hintereinander.“

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384. Erdmutter und Himmelmutter  -  14. November 2016

In diesen Baustein übernehme ich zuerst einen Abschnitt aus meinem Buch „Vom Tod zum Leben - Ein Buch für das Leben und den Tod aller Wesen“, und zwar aus dem Kapitel über die Erde.

Nach der griechischen Mythologie ist die Erde eine Göttin, Gaia genannt. Sie ist zugleich mit dem Eros, dem Gott der Liebe, aus dem Chaos, der gähnenden Leere, entstanden.

Für alle indianischen Völker ist die Erde die Urmutter. Saupa­quant, ein Wampanoak-Indianer, drückt das so aus: „Wenn der Indianer sagt: Die Erde ist meine Mutter, dann ist das mehr als eine Metapher. Nach seiner Vorstellung hat die Erde einen heiligen Geist. Sie ist ein Offenbarwerden des Weiblichen, das allen Geschöpfen das Leben gibt. Sie werden von ihr ernährt und erhalten, beschützt und gelehrt. [...] Wir wiederum haben die Pflicht, für unsere Mutter zu sorgen, sie zu ehren, zu respektieren, zu lieben und mit ihr für alle ihre Familien, all unsere Verwandten zu sorgen.“ (Aus: Anselm Spring und Till Clausner, „Auf dem Pfad des Regenbogens, Lebenswissen der Indianer“, S. 92.)

Mit diesen Familien der Erde, mit diesen Wesen, die uns verwandt sind, sind nicht nur die Menschen gemeint, sondern auch die Tiere und Pflanzen.

Luther Standing Bear, ein Oglala-Lakota, sagt: „Der Indianer und die anderen Geschöpfe, die hier geboren wurden und lebten, hatten eine gemeinsame Mutter – die Erde. Deshalb war er verwandt mit allem, was lebt, und er gestand allen Geschöpfen die gleichen Rechte zu wie sich selbst.“ (Aus: Karl-Heinz Raach, „Weißt du, dass die Bäume reden“, S. 83.)

„Die Gaia-Hypothese ist eine von dem Kybernetiker und Klimatologen James Lovelock und der Mikrobiologin Lynn Margulis ausgearbeitete wissenschaftliche Konzeption des irdischen Ökosystems als lebendigem Organismus. Die Gaia-Hypothese besagt, dass unsere Erde ein intelligentes Lebewesen darstellt, das sich selbst steuert (Selbstorganisa­tion) und optimiert. [...] Wenn die ‚Lebendige Erde’ (Gaia) existiert, kann sich der Mensch nicht länger als Herr und Meister der Natur begreifen. Er ist Teil einer Ganzheit, deren Regel er sich anpassen muss, oder er wird als Spezies verschwinden.“ (Aus: „Die Gaia-Hypothese“, www.moehre.com.)

Im zweiten Teil dieses Bausteins zitiere ich aus dem Blog-Beitrag „Maria - Himmelskönigin oder doch Göttin?“, den Andrea Dechant am 22. August 2014 veröffentlicht hat.

„Im liturgischen Jahr der katholischen Kirche ist der heutige 22. August ein ganz besonderer Feiertag: Das Fest „Maria Königin“, bei dem die Gottesmutter als Königin des Himmels gefeiert wird. Dieses katholische Fest [...] knüpft unmittelbar an die Verehrung der alten Muttergöttinnen an, die u.a. als Himmelsköniginnen galten.“

„Die alten Muttergöttinnen wie die Candomblé-Göttinnen Oshun und Yemaja, die Urmutter der Anden Pachamama, die alten keltischen Frühlingsgöttinnen wie Maia oder die spirituelle Landesmutter von Ungarn Boldogasszony wurden nach den missionarischen Bemühungen der Christen mit der Jungfrau Maria gleichgesetzt bzw. durch diese ersetzt.“

„Viele Symbole der Maria, wie wir sie auf allen Darstellungen in den Kirchen finden – Mondsichel, Schlangen, Drachen, Sternenkranz und Sternenmantel, ein Kindlein am Arm, blaues Gewand, Spindel, Nuss, Apfel – deuten auf unterschiedliche alte Göttinnen. So erinnert Maria an die viel ältere ägyptische Göttin Isis mit dem Knaben Horus.“

Die Gottesmutter, Gottesgebärerin, Himmelskönigin, Gnadenmutter und Jungfrau Maria feierte in der römisch-katholischen und in der orthodoxen Kirche einen Siegeszug. Nicht nur, dass sie die Liebe und Barmherzigkeit viel glaubhafter verkörperte als der eifersüchtige, zürnende und strafende Gott-Vater. „Dazu kam auch, dass die Menschen eine Figur brauchten, die für Fruchtbarkeit zuständig war, [...] für die man Kuchen backen konnte, die man auf Umzügen und Prozessionen lieblich schmücken und, vor allem, der Frauen ihre intimsten Wünsche [...] anvertrauen können.“

Gerhild, meine Frau, hat ein besonderes Verhältnis zu Maria. Jeden Abend, beim Tagesrückblick vor dem Einschlafen, spricht sie mit ihr. Diese Intimität mit der Mutter Gottes verdankt sie ihrer Großmutter, die ihre erste Lehrerin in einer erdgebundenen Spiritualität war.

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383. Untergang oder Neubeginn  -  3. November 2016

Untergang oder Neubeginn. Gemeint ist unsere westliche Zivilisation, die den Planeten überwuchert hat. Gemeint ist die Menschheit.

Was wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts geschehen? Wird unsere Zivilisation untergehen und die ganze Menschheit mit sich reißen? Oder wird es einen Neubeginn geben? Oder wird es den Untergang des größten Teils der Menschheit geben und den Neubeginn für einen kleinen Rest?

Für diese Überlegungen verwende ich zwei Aufsätze von David Rotter, die ich im Internet gefunden habe, zunächst „NASA: Kollaps unserer Zivilisation unausweichlich“ vom 24. März 2014.

Nach einer mathematischen Studie der NASA ist der Untergang unserer Zivilisation auf dieser Erde nicht mehr aufzuhalten, wenn nicht in den nächsten Jahren eine radikale Umkehr erfolgt. Die Gründe dafür liegen in den menschlichen Dynamiken und dem Verhältnis der Kultur zu Rahmenbedingungen wie Bevölkerungswachstum, Klimaveränderung, Wasser, Landwirtschaft und Energie. Der Zusammenbruch wird unausweichlich, wenn die Ökosysteme durch zu hohen Verbrauch der globalen Ressourcen überlastet sind und gleichzeitig die Gesellschaft in reiche Eliten und arme Massen aufgespaltet wird.

David Rotter zitiert aus der Studie:

„Technologischer Fortschritt kann die Effizienz in der Ressourcen-Nutzung steigern. Aber er steigert ebenfalls den Verbrauch von Ressourcen durch diejenigen, die Kapital besitzen […] Wenn die Politik nicht einschreitet, kompensiert das die Einsparung an Ressourcen durch den technologischen Fortschritt.“

„Während einige in der Gesellschaft darauf hinweisen, dass wir auf einen Kollaps zusteuern, und grundlegende Veränderungen einfordern, um das Schlimmste zu verhindern, sind es die Eliten, die genau diese Veränderungen verhindern.“

David Rotter betont: „Die gesamte westliche Welt müsste ihren Konsum um mehr als zwei Drittel reduzieren, es wäre eine völlig andere Lebensweise – eine, die heute nur die sogenannten ‚Totalaussteiger’ zu begreifen scheinen, und die werden allgemein ausgelacht oder belächelt.“

Der Autor berichtet über die Arbeit des  Mitbegründers der Gaia-Hypothese, James Lovelock. „Nach Lovelocks Modellen wird die Erde bis 2100 völlig kollabieren, 80 Prozent der Weltbevölkerung werden diesen Zusammenbruch nicht überleben, der Rest mit großen Problemen konfrontiert sein, über die man sich schon jetzt Gedanken machen sollte.“

Und er zitiert James Lovelock: „Es gab sieben Katastrophen, seit Menschen auf die Erde kamen, sehr ähnlich der, die nun geschehen wird. Ich sehe diese Ereignisse als die Trennung von Spreu und Weizen. Eines Tages werden wir einen Menschen auf dem Planeten haben, der den Planeten wirklich versteht und mit ihm leben kann. Das ist die Quelle meines Optimismus.“

Worin besteht die geringe Chance, das Untergangs-Szenario abzuwenden? Das formuliert David Rotter in seinem Artikel „Der natürliche Fluss: Rückkehr in den Garten Eden“ vom 27. Juni 2012.

„Die Natur ist perfekt. Auch wenn der Mensch meint, er könne sie durch seine vermeintlich überlegene Technik verbessern, stellt sich dies früher oder später meist als ein Irrtum heraus. Und je länger er diesem Weg folgen wird, desto katastrophaler die Folgen.“

„Es gibt einen natürlichen Lebens-Fluss, der die gesamte Schöpfung durchzieht. [...] Wer auch immer gegen diesen natürlichen Fluss arbeitet, wird sich in Schwierigkeiten wiederfinden – er kämpft und ringt sinnlos gegen den ewigen Strom des Kosmos, gegen die Grundlage seines eigenen Lebens.“

„Es gibt für unsere Zukunft ein einziges, einfaches Rezept: Von der Natur lernen. [...] Es wird Zeit, dass wir der Natur wieder zuhören und in Einklang leben mit den Gesetzen des Lebens, deren Manifestation sie ist. Nur dann wird auch der Mensch endlich gedeihen können und das immense Potenzial leben, das wir nicht mal begonnen haben zu erkennen.“

Keine Hi-Tech-Lösung wird uns weiterhelfen. „Gerne würden wir glauben, eine neue grüne Technologie, ein neues Geld, irgendeine neue Idee könnte unsere Probleme lösen. Dass wir es irgendwie geradebiegen, einfach weitermachen könnten. Aber das wird niemals geschehen. Entweder, wir kehren zurück in den natürlichen Fluss, oder wir werden untergehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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382. Ein Gott in drei Personen?  -  24. Oktober 2016

Dass Jesus von Nazaret ein Mensch war, wird von keinem „gläubigen“ Christen bestritten. In diesem Baustein geht es mir nicht darum, zu beweisen, dass Jesus „nur“ ein Mensch war. Meine Sicht auf Jesus habe ich vor allem in meinen Büchern ausführlich dargelegt. Es geht mir darum, einen Blick auf die Trinitätslehre zu werfen.

Auf der Website Die Trinitätslehre - Göttliches Geheimnis oder menschliches Konstrukt? legt Stephan Gerber seine Erfahrungen mit dem Thema dar. „Der Glaube, dass der lebendige Gott aus drei Personen besteht, ist unter Christen auf der ganzen Welt sehr weit verbreitet. Dabei wird der Begriff ‚Person’ nicht genau definiert, vielleicht ist er sogar bewusst unklar gehalten. Wenn drei Personen der eine Gott sind, dann ist das eben ein Team von drei Personen. Deshalb, so glauben viele, sei hier mit ‚Person’ nicht Person im Sinn von Person gemeint, sondern irgendwie etwas anderes. […] Manche reden lieber von ‚Seinsweisen’, andere von ‚Wesenheiten’ oder ‚Hypostasen’, wieder andere gebrauchen das Wort ‚Erscheinungsform’ oder ähnliche Ausdrücke. Das alles sind Begriffe, die mit sehr unterschiedlichen Inhalten gefüllt werden und ein breites Auslegungsspektrum bieten, aber bezeichnenderweise nicht in der Bibel zu finden sind.“

Stephan Gerber hat viele Bibelstellen aus dem Ersten und aus dem Zweiten Bundesbuch aufgelistet, die in diesem Zusammenhang relevant sind, und kommt zu dem Schluss: „In der gesamten Heiligen Schrift findet sich die Zahl ‚drei’ nirgends im Zusammenhang mit Gott. Ebenso wenig gibt es eine Stelle, die sinngemäß ‚Wir sind zusammen Gott’ sagen würde oder etwas in diese Richtung andeutet. (Auch nicht Joh 10,30: ‚Ich und der Vater sind eins.’)“

In 83. Was ist die Wirklichkeit? lege ich dar, dass die Begriffe, die die Trinität beschreiben, aus der aristotelischen Metaphysik stammen und den Formulierungen der Bibel aufgepfropft worden sind. Und einer meiner Kernsätze lautet: „Was wäre das für ein armseliger Gott, der nur drei Falten hat.“

Aber lasst uns aufhören, über solche Dinge zu debattieren. Lasst uns das LEBEN leben.

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381. Der Weg der Erde  -  15. Oktober 2016

Unlängst ist mir durch den Kopf gegangen, dass in unserer Religion, die einen Gott-Vater, einen Gott-Sohn und einen Heiligen Geist kennt, die Weiblichkeit total zu kurz kommt, auch wenn z.B. die Bibel in gerechter Sprache von der Heiligen Geistkraft als einem weiblichen Prinzip spricht. Wir leiden auch darunter, dass der Frau der sogenannte Sündenfall in die Schuhe geschoben wird, und darunter, dass wir die Heiligkeit der Erde nicht verstehen.

Es wird immer dringlicher, Himmel und Erde zu verbinden, die Erde zu heilen. Dazu habe ich vor mehr als drei Jahren ein Ritual entwickelt, indem ich es ausführte. Das habe ich in meinem Baustein 229. Mein persönliches Totem beschrieben.

Heute habe ich den Text „Gaiakultur - ein Manifest“ gefunden, der in dem Buch „Gaiakultur: Der Weg zu einer Zivilisation der erwachten Herzen“ von Marko Pogačnik und Radomil Hradil enthalten ist. Im Punkt 4 des Manifests mit der Überschrift „Der selbstständige geistige Weg“ schreibt Marko Pogačnik:

„Es ist nicht möglich, eine neue und erfüllende Partnerschaft zwischen Erde und Mensch zu entwickeln, ohne jene traditionellen religiösen Vorstellungen zu wandeln, die das göttliche Wesen der Erde und ihrer Schöpfung verneinen.

Gerhild, meine Frau, hat viel Verständnis für diese Dinge. Zum Abschluss gebe ich ein Gespräch wieder, das wir beide im September 2016 auf Korfu führten, nachdem wir am Abend das Salve Regina in meiner Fassung gebetet hatten.

Werner: „Gerhild, du hast doch eine besondere Beziehung zur Mutter Gottes. Wer ist sie für dich? Ist sie vielleicht die mütterliche Existenz, die mit totaler Liebe alles auf die Welt bringt, nährt und behütet?“

Gerhild: „Genau das ist es, aber ich hätte es nicht mit diesen Worten sagen können.“

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380. Des einen Freud, des andern Leid - die Sommerzeit  -  30. September 2016

In vier Wochen ist es wieder soweit - die Uhren werden um eine Stunde zurückgestellt. Ob die zweimal jährliche Zeitumstellung gut oder schlecht ist, darüber gibt es keine einheitliche Meinung.

In einem einzigen Jahr meiner Lebenszeit, nämlich in meinem Geburtsjahr 1941, galt die Sommerzeit das ganze Jahr hindurch. Von 1950 bis 1979 gab es keine Sommerzeit. Zu meiner großen Freude wurde die Sommerzeit im Jahr 1980 wieder eingeführt. Ab 1981 galt sie vom letzten Sonntag im März bis zum letzten Sonntag im September, seit 1996 bis zum letzten Sonntag im Oktober, was mir noch lieber ist. Bei der Einführung dachte man an eine Einsparung von Energie, was sich später als Irrtum herausgestellt hat. Die Vor- und Nachteile der Sommerzeit für Menschen und Tiere können auf vielen Websites nachgelesen werden, z.B. bei Wikipedia unter dem Stichwort „Sommerzeit“, weshalb ich sie hier nicht wiederhole, mit einer Ausnahme. Auf www.onmeda.de kann man lesen: „Das Zurückstellen der Uhren auf die Winterzeit beziehungsweise die sogenannte Normalzeit ist für die meisten Menschen deutlich angenehmer als das Vorstellen auf die Sommerzeit. Denn während der Folgetag bei der Sommerzeitumstellung eine Stunde verliert und deshalb nur 23 Stunden dauert, gewinnt der erste Tag bei der Umstellung auf die Winterzeit eine Stunde dazu und dauert nun 25 Stunden. Und das entspricht im Grunde der natürlichen inneren Uhr des Menschen. Wissenschaftler fanden heraus, dass Menschen, die isoliert und ohne natürliches Licht leben, nach kurzer Zeit einen 25-Stunden-Rhythmus entwickeln. Die Zeitumstellung auf die Winterzeit ist deshalb in der Regel weniger unangenehm für den Biorhythmus, obwohl dieser sich auch hier erst wieder neu einstellen muss. Das Zurückstellen auf die Sommerzeit beeinträchtigt den Biorhythmus dagegen deutlich stärker und führt bei vielen Menschen zu einer Art Mini-Jetlag.“

Probleme, die durch die alljährlichen Zeitumstellungen auftreten können, sind genauso gegeben, wenn sich eine Flugreise über mehr als eine Zeitzone erstreckt. Von so einer Flugreise bin ich vor drei Tagen zurückgekommen.

Ich selbst spüre keine gesundheitlichen Probleme und finde es als sehr vorteilhaft, dass wir in der warmen Jahreszeit eine Stunde mehr Tageslicht für Freizeitaktivitäten und vor allem Gartenarbeit haben. Gerhild, meine Frau, hat auch keine Probleme, wünscht sich aber, dass die Regelung von 1941 wieder eingeführt wird: Sommerzeit das ganze Jahr. Bei ganzjähriger Sommerzeit würde es im Winter in der Früh um eine Stunde länger dunkel bleiben, was für Menschen, die handwerklich-technischen Berufen nachgehen und um sieben Uhr Arbeitsbeginn haben, nicht angenehm ist.

Gesetzliche Grundlage für die Zeitumstellung ist die „Gemeinsame Europäische Sommerzeit“, die in der EU-Richtlinie 2000/84/EG geregelt ist. Um die Zeitumstellung europaweit abzuschaffen, müsste also diese Richtlinie geändert werden.

Vor einigen Jahren gab es eine Initiative der Alternativen und Grünen Gewerkschafter/-innen Oberösterreichs, die Zeitumstellung zu beenden. Auf den Unterschriftenlisten stand oben der Satz: „JA, ich bin für die europaweite Abschaffung der Zeitumstellung und für die Abhaltung eines Referendums darüber, ob die bisherige Normalzeit oder die bisherige Sommerzeit als neue, durchgängige Normalzeit festgelegt werden soll.“

Feedback von Barbara Falke:

Ich lebe ja in der Türkei und diese hat jetzt beschlossen, dass die Sommerzeit von nun an für immer gilt. Das finde ich sehr gut, denn mir fiel zwar die Umstellung auf die Winterzeit auch leichter, trotzdem habe ich einige Tage ständig die Uhrzeit kontrollieren müssen, weil sie mit dem Empfinden nicht zusammenpasst.

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379. Die Angst des Mannes vor dem Weiblichen  -  2. September 2016

In der letzten Silvesternacht wurden am Kölner Hauptbahnhof Frauen ausgeraubt und sexuell belästigt. Angeblich geschah das vorwiegend durch Männer nordafrikanischer und arabischer Herkunft, doch es ist vielfach dokumentiert, dass auch mitteleuropäische Männer solche Taten begehen. Zu diesem Thema gibt es im Standard vom 5. März 2016 ein Interview mit dem Sozialpsychologen Rolf Pohl. Er sagte: „Gerade in der Sexualität lauern Herrschaftsansprüche und Überlegenheitsbedürfnisse; dort lauert die Angst, die weibliche Sexualität beim Mann auslöst. Gewalt ist ein Mittel, um diese Angst zu bändigen.“ Und in dem Buch „Kampfzone Geschlechterwissen“ von Andrea Moser (VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2010) kann man auf Seite 38 lesen: „Die Unterdrückung der Frau liegt [...] auf körperlicher Ebene begründet: Die ganzheitliche Körpererfahrung, die eine Frau bei einer sexuellen Begegnung erlebt, löst beim Mann eine Angst vor Verschmelzung aus [...]. Als Reaktion auf diese Angst entwickelte sich die Unterdrückung und Verdrängung der Frau, die in der patriarchalen Ordnung durchgehend eingeschrieben ist.“

Jeder Mensch hat seine eigene Lebensgeschichte. Nicht nur bei Männern, auch bei Frauen gibt es Sexualstörungen.

Nun riskiere ich einen vorsichtigen Blick in meine Lebensgeschichte. Durch Erlebnisse mit einer überdominanten Mutter hatte ich lange Zeit Angst vor Vereinnahmung durch eine Frau. Ich brauchte überdurchschnittlich lange, um mich selbst zu finden. Wenn ich das mit meinem heutigen Verständnis ansehe, war es eigentlich weniger eine Angst vor der weiblichen Sexualität, als vielmehr eine Angst vor der weiblichen, umfassenden Liebesfähigkeit. Diese Angst dauerte solange, bis ich begriff, dass diese umfassende Liebesfähigkeit auch ein Teil von mir ist. Mit C. G. Jung könnte man sagen, dass ich meine Anima aufgeweckt habe. Die Vollendung der Liebesfähigkeit des Paares ist zwischen Gerhild, meiner Frau, und mir eingetreten. Das strahlt nun über die gegenseitige Liebe hinausgehend als umfassende Liebe in die Welt hinein.

Zum Abschluss noch ein Zitat aus dem Artikel „Die sexuellen Ängste des Mannes“ von Klaus Jürgen Becker: „Viele Facetten des auslaufenden und fehlverstandenen Patriarchats, wie zum Beispiel Panzerungen, der Aufbau von Hierarchien und der ‚Kampf gegen das Böse’, sind grundlegender Ausdruck der Angst des Mannes vor dem Weiblichen. [...] Die Zeit ist reif dafür, dass Männer und Frauen auf ebenbürtigem, offenherzigen und ehrlichen Level miteinander kooperieren, einander verzeihen, einander heilen.“

Soweit der sozialwissenschaftliche Aspekt. Eine Vielzahl von Aspekten steht bereit, um uns zu zeigen, wie wir die Erde heilen können, wenn nur eine genügende Anzahl von Menschen von Zuversicht und Entschlossenheit erfasst ist.

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378. Das Ende der Megamaschine  -  27. August 2016

In der Ausgabe Nr. 45 der Zeitschrift brennstoff mit dem Thema „Mensch + Maschine“ werden zwei Bücher besonders hervorgehoben. Das eine ist das Buch „Die Freiheit nehm ich dir - 11 Kehrseiten des Kapitalismus“ von Patrick Spät. In diesem Buch entlarvt er die Märchen, dass sich der Kapitalismus friedlich entwickelt habe, dass er Wohlstand für alle bringe, dass eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung möglich sei, dass wir nur zurück zur sozialen Marktwirtschaft müssen, usw. In dem Artikel „Automatisch arbeitslos“, der in Nr. 45 veröffentlicht ist, kommt Patrick Spät schließlich darauf zu sprechen, dass man in den Ruinen des Kapitalismus Schönheitsreparaturen vornehmen oder die Abrissbirne einsetzen könne. Als Beispiel für Schönheitsreparaturen führt er eine Maschinensteuer an: „Für jeden Euro, den eine Maschine erwirtschaftet, sollten 10 oder mehr Cent an die Allgemeinheit gehen.“ Und die Abrissbirne? „Dazu gehört die Forderung, dass die Produktionsmittel in die Hände der Allgemeinheit übergehen müssen. Denn wer immer im Besitz dieser Mittel ist, wird zwangsläufig andere Menschen zu Lohnsklaven machen, sie vernutzen und sie dann auf die Straße setzen.“

Das andere ist das Buch „Das Ende der Megamaschine - Geschichte einer scheiternden Zivilisation“ von Fabian Scheidler. Die Überschrift einer Rezension dieses Buches bei Amazon lautet „Exzellente Analyse der Megamaschine, schwache Hoffnung auf ihr Ende“. Was versteht der Rezensent, Michael Schulz, unter schwacher Hoffnung? „Das Gewaltmonopol ist derart gewachsen und trickreich, dass sich zwar in allen Zeiten immer Widerstände bildeten, die jedoch schließlich alle auf die eine oder andere Weise niedergerungen wurden bzw., wenn die Herrschaftsverhältnisse wechselten, eben auch nur von einer Gewaltherrschaft in eine andere mündeten.“ Damit ist die Problematik beider Bücher angerissen. Ich suche seit Jahren - und bisher vergeblich - nach Zeichen einer grundsätzlichen Änderung des kollektiven Bewusstseins der Menschheit. Selbst wenn alle Warnungen ignoriert würden, wenn es zu Katastrophen in großem Stil kommen würde, hieße das noch nicht, dass die Menschheit geläutert daraus hervorginge. Und doch ist das unsere einzige Hoffnung.

Im Hinblick auf die Gestalt des Maitreya (wörtlich: „der Liebende“), der nach dem Lexikon der östlichen Weisheitslehren im Buddhismus als fünfter und letzter irdischer Buddha in der Zukunft erwartet wird und die Verkörperung der allumfassenden Liebe ist, habe ich am 22. September 2014 das folgende Gedicht geschrieben:

mit blinden händen
geschlossenen augen
form ich den topf
zusammen mit vielen
das neue gefäß
das uns alle enthält
und freigibt
und über die welt verteilt
zum glück und segen
jenseits des vorstellbaren
wir alle zusammen
sind MAITREYA

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377. Was von uns bleibt  -  19. August 2016

Unlängst ist mir meine Geschichte „Großvaters Tod“ eingefallen, die ich im Frühjahr 1962 schrieb, als ich zwanzig Jahre alt war und mein geliebter Großvater mütterlicherseits starb. Diese Geschichte wollte ich in einem Baustein wiedergeben. Doch leider musste ich feststellen, dass ich vor Jahrzehnten alle meine ersten schriftstellerischen Arbeiten, die ich in den Jahren 1960 bis 1966 verfasste, weggeworfen habe. Ihren Wert verstand ich damals nicht. Sie sind unwiederbringlich verloren.

Das bringt mich zu der Frage, was von uns bleibt.

Es gibt schriftstellerische Werke mit einer großen Wirkungsgeschichte, z.B. Goethes „Faust“ und die Tragödie „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus. Was auch immer ich geschrieben habe, kann mit einer Resonanz in diesem Ausmaß nicht rechnen.

Ich bin mit dem Kosmos verbunden und in stetigem Austausch. Diesen Austausch halte ich auch in Worten fest. Ein Zen-Dichter, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann, hat gesagt, sein bestes Gedicht habe er nicht in Worten niedergeschrieben. Auch mein Austausch mit dem Kosmos findet vor aller Verbalisierung statt.

Meine Lebensgeschichte hat einen Verlauf voll innerer Logik, in dem ich meine Lebensaufgabe gestalte. Sich der eigenen Lebensaufgabe anvertrauen, ist das Schönste und Fruchtbarste, was wir tun können und was uns gegeben ist. Über alle Gefühle von Ohnmacht und Vergeblichkeit hinweg.

Eines der ersten Gedichte, die ich 1960 schrieb, habe ich vor einigen Wochen zu rekonstruieren versucht. Die Pointe in den letzten zwei Zeilen ist allerdings neu.

Rekonstruktion

Gedanken ziehn
und wissen nicht wohin
Sie sind voll Leben
und stehen doch daneben
Sie wollen sicher sein und streiten
doch unsicher beginnen sie zu gleiten
Sie wollen sich halten
Werden sie veralten?
Erfrischt vom Lebenslauf
lösen sie sich auf

Am selben Tag wie diese Rekonstruktion habe ich übrigens das folgende Gedicht verfasst:

Aus der Stille kommt
In die Stille führt
Jedes Wort

Wenn du die Stille nicht fühlst
Wenn du den Gleichklang nicht spürst
Wird jedes Wort vergeblich sein

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376. Islam oder Islamismus  -  07. August 2016

Bassam Tibi hat in der Zeitschrift Cicero vom Juni 2016 einen Artikel mit dem Titel „Warum ich kapituliere“ veröffentlicht. In diesem Artikel erklärt er seine Vision eines Euro-Islam für gescheitert, eines Islam, der bei uns inkulturiert ist, wie es auch in Westafrika einen Afro-Islam und in Indonesien eine eigene Spielart des Islam gibt. Der von ihm angedachte Islam kann nicht von fundamentalistischen Muslimen getragen werden, die jedes Wort im Qur'an wörtlich befolgen wollen. Bassam Tibi nennt sechs Grundvoraussetzungen für einen europäischen Islam:

  1. „Trennung von Religion und Politik im Rahmen der Privatisierung des Glaubens.“
  2. „Aufgabe der islamischen Konzepte von Dschihad und Scharia, die jede Integration behindern.“
  3. „Islamische Akzeptanz der säkularen Demokratie als Werteorientierung für ein Gemeinwesen, in dem Muslime und Nichtmuslime als Citoyens leben.“
  4. „Toleranz im Sinne der europäischen Aufklärung und nicht das, was Muslime unter Toleranz verstehen, nämlich Duldung von Christen und Juden als Dhimmi, untergeordnete Gläubige. [...]“
  5. „Aufgabe des islamischen Anspruchs auf Siyadat, Vorherrschaft und religiöse Überlegenheit der Muslime, zugunsten eines Pluralismus der Religionen.“
  6. „Bestimmung der in Europa lebenden Muslime als Individuen, nicht als Umma-Kollektiv, im Rahmen von individuellen Menschenrechten. [...]“

In dieser Aufzählung springen mir vor allem die Begriffe Dschihad, Scharia, Dhimmi und Siyadat ins Auge.

Bei diesen Überlegungen unterscheidet Bassam Tibi zwischen Islam und Islamismus. Im Jahr 2009 sagte er in einem Vortrag: „Heute leben in Westeuropa ca. 23 Millionen Muslime, deren Mehrheit in Parallelgesellschaften wohnhaft ist und dort eine soziale ‚ethnic underclass’ bildet. Die fehlende Integration macht diese Muslime anfällig für den Islamismus. Jeder Islamist ist ein Muslim, aber nicht jeder Muslim ist ein Islamist. Der Islam ist ein Glaube, der Islamismus ist eine politische Ideologie, die in einer Bewegung repräsentiert ist.“

Die Gefahr, zu einem fatalistischen und fanatischen „Ismus“ zu verkommen, bedroht in der heutigen Zeit aber nicht nur den Islam, sondern alle Religionen und Weltanschauungen. Wenn wir das Felsriff dieser Gefahr nicht mit Sachkenntnis und Liebe zu umschiffen lernen, wird es im 21. Jahrhundert keinen Frieden geben.

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375. Liebe verbreiten  -  26. Juli 2016

Unlängst vor dem Einschlafen fragte ich mich: Angesichts der Nachrichten von Gewalttätigkeiten und Kriegen, die uns täglich erreichen, angesichts der verfehlten Politik und der zunehmenden Zerstörung der Natur, was können wir tun? Als Antwort vernahm ich: Überall, wo wir gehen und stehen, Liebe verbreiten. Es gibt unendlich viele Wege, die letzten Endes die Facetten EINES Weges sind.

Das ist für mich ein starker Impuls, auf dem Weg, den ich ohnehin gehe, noch konkreter zu üben, in allen Situationen, in allen Begegnungen mit Menschen, Tieren, Pflanzen, mit dem Wasser und dem Land. Wenn ich nicht auf meine Reaktion schaue, sondern von meinem Innersten her auf das Innerste anderer Wesen, so eröffnen sich ganz neue Perspektiven. Kein Mensch, der Gedankenloses oder Böses tut, ist da ausgeschlossen. Es gibt offensichtlich böse Taten, wie Amokläufe, Selbstmordanschläge, Lynchjustiz mittels Drohnen und vieles, was in Kriegen geschieht. Direkt betroffen war ich da noch nie. Es gibt aber auch versteckt böse Taten wie politische Entscheidungen.

Es geht um das Fühlen und Handeln im Alltag, in der Familie, im Freundeskreis, beim Einkaufen und auch sonst bei jeder Begegnung, auch dann, wenn man Gehässigkeiten ausgesetzt ist. Es geht um das immer bessere Erspüren und Weiterführen der eigenen Lebensaufgabe, die jeder und jede von uns hat. Wir sind auf unseren Wegen nicht allein! Die Geistkraft des Unendlichen ist bereit, sich uns zu schenken. Darüber hinaus sind Engel und Naturgeister jederzeit bereit, uns zu helfen. Es gibt so viele Möglichkeiten, mit denen wir gar nicht rechnen, wenn wir abgestumpft sind.

Vorgestern habe ich das folgende kleine Gedicht geschrieben:

krieg und frieden

frieden
ist nicht das gegenstück zu krieg
frieden
ist eine qualität für sich

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374. Ströme lebendigen Wassers  -  14. Juli 2016

Vor einigen Tagen fiel mir die Bibelstelle ins Auge, in der Jesus sagt: „Wen dürstet, der komme zu mir und trinke. [...] Ströme lebendigen Wassers werden aus seinem Leib fließen.“ (Joh 7,37-38.)

Aus dem dogmatischen Kontext befreit, lautet die Stelle und ihre Umgebung in meiner Bearbeitung, die in meinem Buch „Du bist Liebe - Die Johannes-Schriften der Bibel in neuer Bearbeitung“ veröffentlicht ist, wie folgt:

„Am großen Tag, dem siebenten Tag des Festes, kam Jesus wieder in das Tempelareal. Er suchte sich einen erhöhten Platz, von dem aus er die Zeremonien sehen konnte. Die Priester trugen in goldenen Gefäßen das Wasser herbei, das sie aus dem Schiloachkanal geschöpft hatten. Feierlich gossen sie es über den Brandopferaltar. Die Schofarhörner wurden geblasen, und alle sangen die Worte des Propheten Jesaja: ‚Mit Wonne werdet ihr Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils!’

Als der jubelnde Gesang verstummte, rief Jesus: Wer seinen Durst wirklich stillen will, komme zu mir und trinke! Er wird von lebendigem Wasser so gesättigt sein, dass es ständig überfließt zu anderen Menschen. Die Schrift kündigt eine Segenszeit an, in der lebendiges Wasser von Jerusalem ausgeht. Diese Zeit ist jetzt durch mich gekommen.

Mit dem lebendigen Wasser meinte er den Geist Gottes. Der Geist Gottes wirkt zu allen Zeiten. Doch Jesus wusste, dass er den Auftrag hatte, als ein Schleusentor zu fungieren, das bei seiner Öffnung diesen Geist in unermesslicher Fülle durchlassen würde, für alle, die sich von ihm beschenken ließen, jetzt und nach seiner Verherrlichung durch alle Zeiten.“

Was hindert uns daran, das lebendige Wasser in Fülle zu empfangen und weiterzugeben, an alle Menschen ohne Unterschied, an alle Wesen auf der Erde und im Kosmos? Wer sich total dieser Aufgabe hingibt, beginnt nicht, sich zu zersprageln, sich aufzureiben, sondern immer mehr in seinen Teil der großen Aufgabe hineinzuwachsen. Es tut not.

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373. Der Vogel mit den zehntausend Flügeln  -  6. Juli 2016

Vor einiger Zeit fand ich in Facebook das links wiedergegebene Bild. Der Ausspruch des alten Ureinwohners Nordamerikas lautet in deutscher Übersetzung: „Was wäre, wenn ich dir sagte, dass der linke Flügel und der rechte Flügel zum selben Vogel gehören.“

Der Weißkopfseeadler ist der Wappenvogel der USA. Dieses Bild dient dazu, die Menschen in den Vereinigten Staaten daran zu erinnern, dass der Staat nur eine heilsame Entwicklung nehmen kann, wenn die Politiker der rechten und der linken Seite konstruktiv zusammenarbeiten, statt einander destruktiv unter Druck zu setzen. Dabei ergibt sich die Frage, wo die linke politische Seite geortet werden kann. Bernie Sanders fordert ein linkes Wahlprogramm für die Demokraten. Aber welchen Einfluss wird er, der als US-Präsidentschaftskandidat gescheitert ist, auf den weiteren Weg der Demokratischen Partei haben?

Ich verstehe dieses Bild viel weitergehend. Auf einmal sehe ich nicht mehr einen Vogel mit zwei Flügeln, sondern einen Vogel mit zehntausend Flügeln. Zehntausend Flügel, das sind nach dem Daodejing alle existierenden und alle vorstellbaren Flügel. Und ich sehe, dass der Vogel alle existierenden und alle vorstellbaren Farben hat. Welche Schönheit und welche Ausgewogenheit! Die Menschheit kann das erreichen, wenn sie will, wenn sie beginnt, diesen Vogel zu sehen und zu realisieren, in allen Begegnungen von Mensch zu Mensch und von Menschen zu allen anderen Wesen der Welt. Das heißt nicht, billige, lähmende Kompromisse eingehen, sondern gemeinsam schöpferisch und fruchtbar werden, zum Wohl einer erneuerten Menschheit und einer erneuerten Erde. Erst in dem Ausmaß, in dem dieser Vogel realisiert wird, können die Waffen, vor denen die Menschheit derzeit strotzt, weniger werden und mehr und mehr verschwinden.

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372. We shall overcome  -  13. Juni 2016

Am 10. Juni 2016, anlässlich der Langen Nacht der Kirchen, sang der Longfield Gospel Choir, ein 80-köpfiger österreichischer Chor, im Wiener Stephansdom Gospel-Songs und Spirituals. Gerhild und ich waren dabei. Zum Abschluss gaben sie das Lied „We shall overcome“, und wir alle sangen dieses Protestlied, das eine wichtige Rolle in der US-Bürgerrechtsbewegung spielte, mit.

Das Lied drückt die unerschütterliche Zuversicht aus, dass die Menschheit ihr Zusammenleben und ihr in die Erde eingebettetes Leben nicht zerstören wird. Es gibt viele, teilweise sehr religiöse Strophen. Die bekannteste Fassung ist die folgende:

„We shall overcome,
We shall overcome,
We shall overcome, some day.
Oh, deep in my heart,
I do believe
We shall overcome, some day.

We'll walk hand in hand ...

We shall live in peace ...

We shall all be free ...

We are not afraid,
We are not afraid,
We are not afraid, TODAY ...

We shall overcome ...“

Der Refrain sagt aus, dass wir es überwinden, dass wir es meistern werden. Wir werden Hand in Hand gehen und in Frieden leben. Wir werden alle frei sein. Und heute haben wir keine Angst. Möge diese Strophe nicht dazu verwendet werden, die furchtbaren Ängste traumatisierter Flüchtlinge unter den Teppich zu kehren. Doch möge dieses Lied ein starker Impuls sein, entschlossen gegen Zustände vorzugehen, aber niemals Menschen zu verteufeln.

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371. Nimm Zuflucht zum Urgrund  -  8. Juni 2016

Schon wieder habe ich in unserem Andachtsraum das Buch „Alle meinen den einen Gott“ von Heinz Gstrein an einer beliebigen Stelle aufgeschlagen. Dabei kam ich zum 62. Kapitel des Daodejing. Ich gebe es gekürzt wieder, und zwar in einer der Übersetzungen von Hilmar Alquiros (Hilmar Klaus), mit der von ihm hinzugefügten Überschrift.

62 - Quelle und Zuflucht

Dies Dao – aller Wesen Fluss der Inspiration: guter Menschen Schatz, nicht so guter Menschen Schutz.

Schöne Worte kann man beim Feilschen gebrauchen, ehrenvolle Taten kann man verwenden, andere zu fördern. Nicht so gute Menschen, warum gar ihr Dasein verwerfen?

[Leute zu beeindrucken] wäre nicht wie bloß dazusitzen, voranzubringen dieses Dao!

Was war der Alten Grund, dieses Dao derart zu schätzen? Wird nicht gesagt: ‚Wer sucht, wird durch Dao finden’, und ‚Wer Schuld trägt, dem wird durch Dao vergeben’? Darum gilt es aller Welt als Höchstes.“

Das Dao ist die grundlegende Erfahrung und der damit gebildete grundlegende unbegreifliche Begriff im Daodejing. Erklärungsversuche zum Dao habe ich in folgenden Bausteinen gegeben:
295. Also sprach Zhuangzi
364. Die Dynamik von JHWH und Dao

Dem offenen Geheimnis des Dao kann man sich nur mit Herz und Hirn nähern, mit dem Hirn allein geht es nicht. Und nicht zu vergessen: „Dao“ ist ein chinesisches Schriftzeichen!

In der oben angeführten Übersetzung springt mir vor allem der folgende Satz ins Auge: „Nicht so gute Menschen, warum gar ihr Dasein verwerfen?“ Das entspricht total meinem Lebensgefühl, seit vielen Jahren. Am 26. November 1993 habe ich die folgende Notiz in mein literarisches Tagebuch eingetragen:

So wird die Theorie
zur Praxis:
Wenn keiner zugrunde gehen soll,
dann ziehe ich meine liebende Hand
vor keinem zurück.
Vor KEINEM.

Für mein Buch „Hände weg, doch pack an - Das Daodejing in neuer Bearbeitung“ habe ich die folgende Nachdichtung des 62. Kapitels gemacht:

62. Nimm Zuflucht zum Urgrund

Zum Urgrund kann jeder Mensch Zuflucht nehmen.
Der Urgrund bewahrt davor, sich zu verrennen.
Der Urgrund sorgt dafür, dass Schuld vergeben wird.
Wie kann der Urgrund bewahren
und wie kann er sorgen?
Er ist doch nicht menschenähnlich?

Aus dem Urgrund entsteht alles,
was wir uns vorstellen können,
das Väterliche und das Mütterliche,
das Bewahrende und das Sorgende,
das Leben Spendende und das Leben Vollendende.

Lass dich vom Urgrund in den Dienst nehmen.
Dann wirst auch du zum Sorgenden und Bewahrenden.
Und wenn du nichts bewirken kannst, dann bedenke:
Der Urgrund kann alles verwenden.
Bei jedem Verrennen ist er dabei.
Mit jeder Schuld arbeitet er.
Und er macht etwas daraus,
das dem Urziel entspricht.

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370. Die Wiederkehr des Gleichen  -  31. Mai 2016

Auf der Website von Global Research hat Paul Craig Roberts gestern einen Artikel mit dem Titel „There Has Been A Coup In Brazil. Secret Plot Revealed“ („In Brasilien hat es einen Putsch gegeben. Geheimer Anschlag enthüllt“) veröffentlicht. Global Research ist ein Zentrum für Forschung zur Globalisierung in Montreal, Kanada. In der Selbstdarstellung des Zentrums kann man lesen: „In einer Ära der Medien-Desinformation konzentrieren wir uns vor allem auf die ‚unausgesprochene Wahrheit’.“ (Übersetzung von Werner Krotz.)

Paul Craig Roberts beginnt seinen Artikel mit folgenden Worten: „In Brasilien hat die größte Zeitung des Landes die Kopie einer geheimen Aufzeichnung veröffentlicht, die zu ihr durchgesickert (leaked) ist. Die aufgezeichneten Worte zeigen den Anschlag der reichen brasilianischen Elite, zusammen mit dem Militär und dem Obersten Gericht, die von den Vereinigten Staaten korrumpiert worden sind, mit dem Ziel, die demokratisch gewählte Präsidentin von Brasilien unter falschen Anschuldigungen zu entfernen, um so die Ermittlungen gegen die korrupten Eliten zu beenden, die Brasiliens Senat beherrschen, und ebenso die brasilianische Mitgliedschaft in BRICS.“ (Übersetzung von Werner Krotz.)

Paul Craig Roberts führt aus, dass es immer so gewesen ist. „Deshalb kamen die Französische Revolution, Marx, Lenin und Pol Pot zu dem Schluss, dass sich das nicht ändern würde, solange man die Eliten nicht ausrottete.“

Wie wir aus der Geschichte wissen, hat das Ausrotten von Eliten nichts gebracht außer Blutbädern. Neue Eliten stehen auf, die wieder nach Macht und Reichtum streben, wie man auch an den Apparatschiks der Sowjetunion gesehen hat.

Das apokalyptische Denken, dass die „Guten“ die „Bösen“ vernichten müssen, bringt nur Unheil und muss einmal überwunden werden. Es gibt starke alternative Inspirationen, z.B. durch die Bergpredigt, Mahatma Gandhi und Martin Luther King. Eine Revolution der Liebe, die alle Menschen und alle anderen Wesen einschließt, ist ein utopisches Modell. Eine Utopie ist, wie das Wort sagt, an keinem Ort. Wird es einmal eine Zeit geben, in der die Erde als Ganzes ein beständiger Ort für die Revolution der Liebe sein wird? Tragen wir dazu bei, die Art und Qualität des menschlichen Bewusstseins in diese Richtung zu verändern. Das ist die eigentliche Aufgabe unserer Spezies. Solange uns das nicht gelingt, leben wir unter der Knute der Wiederkehr des Gleichen.

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369. Der Höchste Gesang aus der Bhagavad-Gitā  -  24. Mai 2016

In unserem Andachtsraum schlage ich von Zeit zu Zeit das Buch „Alle meinen den einen Gott“ von Heinz Gstrein an einer beliebigen Stelle auf. Neulich kam ich dabei zu dem Höchsten Gesang aus der Bhagavad-Gitā, die ein Teil des Mahābhārata-Epos ist. In der Übersetzung von Heinz Gstrein klingt er so:

„Der Same, der Spross, der Baum ist er,
er ist das Erdreich, das den Baum nährt,
er ist die Rinde, Zweig und Wurzel,
er ist Blatt, Blüte und Frucht.
In Blumen - er Gestalt und Wohlgeruch,
er ist der Nektar und die Biene, die ihn saugt,
in Früchten Saft und süßer Geschmack,
und er ist’s, der die Früchte isst.
In Mann und Frauen, Alt und Jung,
in Stark und Schwach, in Dumm und Weise,
in Heiligen und Schurken,
im Schüchternen und Gewalthelden
ist er unter verschiedenen Namen und Verkleidungen.
In Arm und Reich, in Geistesblitz und Narren,
in Töricht und Schlau, in Groß und Klein,
in Recht und Falsch, in Gut und Böse.
Er ist in jedem und in allen.
In Lämmern springt er, in Löwen brüllt er,
in Affen äfft er, er herrscht in den Königen,
in Ameisen kriecht er, er spießt in Stieren,
in Giftschlangen und Skorpionen sticht er.
In Glaube und Zweifel, in Ruhm und Schmach,
in Liebe und im Hass, in Gewinn und Verlust,
bei Werk und Ruh, in Ehre und in Schande,
im Glück ist er es und auch in der Pein.
Mit dir isst er und trinkt und schläft,
mit dir geht er und werkt und ruht,
mit dir lacht er, mit dir weint er,
mit dir spielt er und spricht und spaßt.
Mit dir liegt er in deiner Mutter Schoß,
mit dir wird er geboren, mit dir wird er groß,
mit dir wird er steigen ins Grab
und eng dich bergen an seiner Brust.“ (Heinz Gstrein, S. 318 und 320.)

Dieser Text lässt die Frage offen: Wer oder was ist „er“? Aus der Sicht der Bhagavad-Gitā kann nur das Brahman, das immanente und transzendente Absolute gemeint sein, das mit dem Ātman, dem tiefsten Inneren des Menschen eins ist, sodass Brahman und Ātman absolutes Sein, absolutes Bewusstsein und absolute Seligkeit an sich haben. Mit dem „er“ kann auch Krishna gemeint sein, der als der „Göttliche“ dem Arjuna seine Unterweisungen gibt. „Arjuna spricht Krishna als höchstes, universales Bewusstsein an, als göttlich, vor den Göttern existierend, ungeboren, allgegenwärtig.“ (Lexikon der östlichen Weisheitslehren, Stichwort „Krishna“.)

„Christos“ ist die griechische Version des Wortes „Krishna“. Einerseits wäre es verfehlt, „Christos“ und „Krishna“ einfach gleichzusetzen. Andererseits kann ich in dem Höchsten Gesang, in der Version, die Heinz Gstrein angibt, auch den kosmischen Christus mithören.

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368. Wege zu einem neuen Bewusstsein  -  19. Mai 2016

In mein literarisches Tagebuch habe ich am 26. Februar 1993 eine Notiz eingetragen, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Die Deklaration der Menschenrechte erfolgte durch die französische Nationalversammlung im Jahr 1789. Das erstmals 1975 erschienene Buch „Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere“ von Peter Singer trug zum Entstehen einer modernen Tierrechtsbewegung bei. 1984 entwickelte Klaus Michael Meyer-Abich in seinem Buch „Wege zum Frieden mit der Natur“ die Idee einer Rechtsgemeinschaft der Natur, in der die Rechte der Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine, Flüsse und der übrigen Natur verfassungsmäßig verbürgt sein sollen.

Meine damalige Notiz endet mit folgender Feststellung: „Die Entwicklung der menschlichen Zivilisation hat zu der unabdingbaren Notwendigkeit geführt, dass das menschliche Bewusstsein im großen Stil, bei vielen Menschen seine Qualität verändere. Wenn wir nicht lernen, die Rechte der gesamten Natur zu achten, können wir auf dieser Erde nicht überleben.“

Der Österreich-Konvent, der von 2003 bis 2005 zusammentrat, um einen neuen Verfassungstext für Österreich zu schaffen, was nicht gelang, hat auch einen Appendix zum Entwurf eines Verfassungsvertrages für Europa veröffentlicht. In diesem Appendix heißt es: „P. C. Mayer-Tasch weist nach, dass Verfassungen nicht nur Grundrechte der Menschen, sondern auch Grundrechte der Natur garantieren müssen. Eine Befreiung aus der engstirnigen Anthropozentrizität bringt die Erkenntnis, dass der Natur Eigenrechte außerhalb ihrer Nützlichkeit für den Menschen zustehen. Wobei eine sorgfältige Analyse zeigt, dass kein grundsätzlicher Gegensatz zwischen der Bewahrung natürlicher Systeme um ihrer selbst willen und ihrer Bewahrung zur Verwirklichung gleicher Startchancen gegenwärtiger und zukünftiger Generationen besteht. Denn jede irreversible Schädigung der Natur, die aus gegenwärtig anthropozentrischer Sicht sinnvoll erscheinen mag, beeinträchtigt auch die natürlichen Lebenserhaltungssysteme bzw. die ökologische Tragfähigkeit der Natur für menschliches Leben. Die beeinträchtigt vor allem die kommenden Generationen. Vor allem, weil sie die Ressourcenmenge senkt, die sie alljährlich und dauernd der menschlichen Nutzung zur Verfügung stellen kann. Die Anthropozentrizität entspricht daher auch einer Blindheit gegenüber der Zukunft!“

Eine solche europäische Verfassung ist in weiter Ferne.

Das menschliche Bewusstsein ist nach wie vor so beschaffen, dass wir Interessen vertreten, Interessen ausgleichen. Solche Interessen können förderlich oder hinderlich für das Überleben der Menschheit auf der Erde sein. Und in einem großen Ausmaß blockieren sie einander. Wir leben in der Desintegration. Wer hat den Durchblick, der eine Integration der Standpunkte möglich macht? Und wenn er/sie ihn hat - wo sind die vielen, die mitziehen?

Ein Bewusstsein, das seine Qualität verändert hat, ist ein Bewusstsein, das nie einen einzigen Standpunkt vertritt, sondern immer eine Menge von Standpunkten im Auge hat, mit überfließender Liebe und Barmherzigkeit. Es ist ein Bewusstsein, das nie isoliert ist, sondern immer auf viele und vieles bezogen ist, im Suchen und Finden und Erkennen und Einbeziehen. Es ist ein Bewusstsein, das schöpferisch wirkt.

Das 1847/48 von Karl Marx und Friedrich Engels verfasste Kommunistische Manifest endet mit den Worten: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ „Nach Karl Marx sind Proletarier Menschen, die nichts anderes besitzen als ihre Arbeitskraft, die also allein durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren überwiegenden Lebensunterhalt erzielen können.“ (Aus: Wikipedia, Stichwort „Proletariat“.)

In Abwandlung dieser Aufforderung schreibe ich: „Menschen des neuen Bewusstseins, vereinigt euch!“ Doch wer sind die Menschen des neuen Bewusstseins? Hier ist eine Definition kaum möglich. Wenn ich im Internet suche, finde ich nur Definitionen im New-Age-Vokabular, und dieses Vokabular ist eigentlich zu speziell. Es ist sehr praktisch, wenn jemand über die Alltagswahrnehmung hinaus auch die feinstoffliche, energetische Ebene wahrnehmen kann. Das ist ein Geschenk in der Begegnung von Mensch zu Mensch und im Spüren der Natur. Mit Vorsicht zu genießen sind hingegen Informationen, die von Medien gechannelt werden. Jeder Mensch kann seinen eigenen Erfahrungsbereich entwickeln und ist auf so etwas nicht angewiesen.

Wege zu einem neuen Bewusstsein sind Wege in neues Land, wo es keine Wegweiser gibt.

(Siehe auch: 267. Die Rechte der Natur.)

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367. Unfehlbar?  -  5. Mai 2016

Wie Hans Küng in seinem Buch „Umstrittene Wahrheit - Erinnerungen“ unter der Kapitelüberschrift „Unfehlbar?“ schreibt, hat das Erste Vatikanische Konzil 1870 in einer feierlichen Definition trotz der Opposition vieler gewichtiger Bischöfe festgehalten: „Der römische Bischof, wenn er aufgrund seiner höchsten apostolischen Autorität als oberster Lehrer der Christenheit endgültig entscheidet, eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, besitzt aufgrund göttlichen Beistands Unfehlbarkeit, sodass solche Entscheidungen des römischen Bischofs aus sich heraus (ex sese) und nicht etwa aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich, irreformabel sind. [...] Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Unfehlbarkeit des Papstes ohne Diskussion auch noch auf das Bischofskollegium ausgedehnt. Berühmte Testfälle für die neue Unfehlbarkeit: Papst Pius’ XII. Definition der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel 1950 und Pauls VI. Enzyklika ‚Humanae vitae’ gegen die Empfängnisverhütung [1968].“ (S. 190.)

Hans Küng nahm die Enzyklika zum Anlass, 1970 sein Buch „Unfehlbar? Eine Anfrage“ zu veröffentlichen. Wegen dieses Buches leitete die Glaubenskongregation 1971 eine Untersuchung gegen ihn ein. Im Dezember 1979 wurde ihm die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen.

Der pensionierte Pfarrer Helmut Rohner schreibt in einem Leserbrief, der am 5. Mai 2016 in den Vorarlberger Nachrichten veröffentlicht wurde: „Im März dieses Jahres feierte Hans Küng seinen 88. Geburtstag und nahm dies zum Anlass, Papst Franziskus in einem offenen Brief zu bitten, das Thema der Unfehlbarkeit ergebnisoffen diskutieren zu dürfen. Und siehe da, der Papst warf ihm nicht vor, eine für jeden Katholiken unerlaubte Bitte auszusprechen, sondern gab ihm in einem persönlichen Brief mit der freundlichen Anrede ‚Lieber Mitbruder’ eine wohlwollende Antwort. Nach den Worten von Hans Küng schlägt der Papst vor, ‚die verschiedenen Fragen, die das Dogma der Unfehlbarkeit aufwirft, im Licht der Heiligen Schrift und der Tradition theologisch zu diskutieren, um den Dialog mit der Ökumene und der postmodernen Gesellschaft zu vertiefen.’ Küng sagt dazu, dies sei der neue Geist, den er sich vom Lehramt immer schon wünschte. Nun müssten die Theologen und Bischöfe diesen Freiraum nützen.“

Martin Luther King wiederholte 1963 in einer berühmten Rede immer wieder den Satz „I have a dream“ („Ich habe einen Traum“). Das will ich heute auch tun. Ich habe einen Traum, dass eine Versammlung von Bischöfen mit dem Papst das Unfehlbarkeitsdogma ersatzlos streichen wird. Ich habe einen Traum, dass dies am 31. Oktober 2017 geschehen wird, genau 500 Jahre nach der Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther. Ich habe einen Traum, dass dies einen Durchbruch in den Beziehungen der römisch-katholischen Kirche zu den Altkatholiken, zur Reformation und zur Orthodoxie einleiten wird. Ich habe einen Traum, dass viele Theologen und Bischöfe die Einladung von Papst Franziskus aufnehmen und die notwendige Vorarbeit leisten werden.

Werden sie das tun, in geradlinigen Formulierungen? Oder wird es nur die gewundenen Stellungnahmen geben, die der Glaubwürdigkeit der römisch-katholischen Kirche so sehr schaden? Oder gar keine? Was wird Hans Küng selber tun? Kann er, der mit Mut und Wahrhaftigkeit in seinem Leben so viel getan hat, hier noch helfen? Ich habe heute einen Traum.

(Siehe auch: 11. Was heißt Unfehlbarkeit?)

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366. Achtung, Verschwörungstheorie!  -  14. April 2016

Dieser Ausruf ist eine Aufforderung an die Person, die ihn hört, Herz und Hirn abzuschalten. Aber betrachten wir die Angelegenheit einmal genauer.

Rico Albrecht stellt in dem Artikel „Sprache als Waffe – Lügenpresse gegen Verschwörungstheoretiker“ im Februar 2015 fest: „Ist Verschwörungstheoretiker eine zutreffende Bezeichnung für misstrauische Menschen, die einfach nur Transparenz fordern? Der Begriff Verschwörungstheoretiker wird im Vergleich zur vordergründigen Bedeutung subtil oft völlig entgegengesetzt wahrgenommen und schlicht mit dem Begriff Verschwörer verwechselt.“

„Aus sprachwissenschaftlicher Sicht gibt das triviale Wort Lügenpresse wenig her, und es wurde 2014 auch nur im Rahmen einiger Demonstrationen verwendet. Im Vergleich dazu spielt das Wort Verschwörungstheoretiker in einer ganz anderen Liga. Hier geht es darum, dass eine breite Medienlandschaft diesen Begriff zur Diffamierung und Ausgrenzung alternativer Meinungen einsetzt.“

Paul Joseph Watson stellt in einem Artikel vom 29. August 2014 „Zehn Verschwörungstheorien, die sich als wahr herausstellten“ zusammen. Ich bringe Beispiele.

Mein Lieblingsbeispiel einer Diffamierung sind die Ereignisse am 11. September 2001 in New York. Ich zitiere aus dem Artikel „Verschwörungstheorie – eine Begriffsbestimmung“, den Andreas Popp im Dezember 2012 veröffentlichte: „Der Abschlussbericht der US-Administration zu den Terroranschlägen ist eine Sammlung von Indizien und Teilbeweisen, die eine Verschwörung eines Herrn Osama bin Laden und diverser Mitwirkender belegen sollen. Angesichts der unklaren Beweislage muss man diesen Bericht selbstverständlich als Theorie betrachten. Insgesamt handelt es sich also um eine von Nachrichtenagenturen und Regierungen verbreitete Verschwörungstheorie. Demgegenüber gibt es natürlich auch andere sachverständige Personen (wie zum Beispiel die aus über 1.000 Architekten und Ingenieuren bestehende Vereinigung „Architects & Engineers for 9/11 Truth“), die bei der Auswertung der Indizien und Teilbeweise zu ganz anderen Verschwörungstheorien gelangen.“

Osama bin Laden, der Hauptschuldige? Stefan Schaer schreibt am 29. September 2011 in seinen „Zehn Geschichten zu 9/11: 8. Die ‚Beweise’ gegen Osama bin Laden“: „In den Tagen nach 9/11 distanzierte sich Bin Laden mehrfach von den Anschlägen. Dann lobte er die Anschläge, ohne die Verantwortung zu übernehmen. [...] Drei unabhängige Quellen haben das famose Geständnis-Video auf seine Echtheit überprüft. Das Resultat ist dreimal dasselbe: Die entscheidenden Passagen sind falsch übersetzt.“

Abgesehen von den zwei Haupttürmen des World Trade Center, die am Morgen zusammenstürzten, ist ein weiteres Gebäude betroffen. "WTC 7 stürzte am 11. September 2001 um 17.20 Uhr nahezu in Fallgeschwindigkeit völlig in sich zusammen. Kein Flugzeug hatte dieses Gebäude getroffen. Die US-Regierung untersuchte den Zusammensturz nicht und ließ ihn im offiziellen Untersuchungsbericht unerwähnt. Der Zusammensturz war aber gefilmt worden. Er wirkt wie eine kontrollierte Sprengung." (Thomas Immanuel Steinberg auf www.911untersuchen.de. Die Plattform www.911untersuchen ist eine Initiative von Stefan Schaer.)

Als heiterer Abschluss eine Karikatur, die ich im Internet gefunden habe:












(Siehe auch: 198. Was geschah am 11. September 2001?)

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365. Das Opa-Buch  -  2. April 2016

Bald nach der Geburt unseres jüngsten Enkelkinds, das von den glücklichen Eltern den Namen Felicitas erhielt, bekam ich von ihnen ein Buch zum Ausfüllen mit folgendem Titel: „Opa, erzähl mal! Das Erinnerungsalbum deines Lebens“. Es ist von der niederländischen Autorin Elma van Vliet. In der Einleitung schreibt sie: „Dieses Buch bekommen Sie, um Ihre persönlichen Erinnerungen und Geschichten aufzuschreiben. Geschichten, die eine Bereicherung sind für das Leben Ihrer Kinder und Enkel. Geschichten von früher, von heute und über die Erfahrungen, die Sie während Ihres Lebens gesammelt haben.“

Das Buch hat folgende Kapitel: Über Familie und Verwandtschaft / Über das tägliche Leben / Über Ausbildung und Beruf / Über die Familiengründung / Über Hobbys und Freizeit / Über wichtige Momente und Ereignisse / Über Lebensweisheiten und wichtige Erfahrungen. Als Anregungen für die eigenen Eintragungen werden in dem Buch 133 Fragen gestellt, und es werden 79 historische Ereignisse angeführt, an die man eigene Beobachtungen und Erinnerungen anknüpfen kann. Da ich mein Leben lang gerne geschrieben habe, war es eine Freude für mich, vieles niederzuschreiben, was mir wichtig vorgekommen ist. Wenn ich eine Frage nicht beantworten wollte oder konnte, habe ich frei assoziiert und anstelle der Antwort lieber eine Geschichte erzählt. Was ich erzähle, geht über das hinaus, was ein kleines Kind verstehen kann. Denn Felicitas soll ja auch noch Freude an dem Buch haben, wenn sie erwachsen ist.

Jetzt bin ich gerade dabei, ein paar alte Schwarz-Weiß-Fotos einzuscannen, die meine Eltern, meine Großeltern und mich in meinen ersten Lebensjahren zeigen. Diese Fotos sollen auch ihren Platz in dem Opa-Buch finden. Das Ausfüllen eines solchen Buches kann ich jedem Opa empfehlen, denn jeder hat etwas Wertvolles zum Weitergeben.

Bevor ich es vergesse: Natürlich hat Gerhild ein Oma-Buch bekommen, das von derselben Autorin verfasst wurde und dieselben Grundkapitel hat.

„Meine Tage mit Pierre – meine Nächte mit Jacqueline“ ist ein zweiteiliger Spielfilm von André Cayatte aus dem Jahre 1964. Ich habe diese beiden Schwarz-Weiß-Filme, die die Geschichte eines jungen Paares aus der Perspektive der Frau bzw. des Mannes zeigen, damals mit Begeisterung gesehen. Mit Opa-Buch und Oma-Buch ist es so ähnlich. Sie zeigen die Geschichte eines alten Paares aus zwei Perspektiven, in solchen Details, die wir weitergeben wollten.

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364. Die Dynamik von JHWH und Dao  -  2. März 2016

Die Bibel in gerechter Sprache bezeichnet das mit den vier Konsonanten j-h-w-h geschriebene Tetragramm als den Eigennamen Gottes.

Als Mose mit den Schafen und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro zum Gottesberg Horeb kam, hatte er eine Vision. Der Bote Gottes erschien ihm in einer Flamme, die mitten aus einem Dornbusch hervorschlug. Auf die Frage nach dem Namen der Gottheit der Vorfahren erhielt Mose als Antwort eine Anspielung auf den Gottesnamen JHWH, die wörtlich übersetzt bedeutet: „Ich bin, der ich bin“ bzw. „Ich bin, der ich sein werde“. Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt die Stelle so: „Gott erwiderte Mose: Ich bin da, weil ich da bin! Er sagte: Das sollst du den Israeliten mitteilen: Ich-bin-da hat mich zu euch geschickt.“ (2 Mose 3,14.)

Interpretierend wird in Predigten oft gesagt, der Name bedeute „Ich bin der, der für euch da ist.“ Ich verstehe das „für euch“ nicht so, dass einfach die Israeliten gemeint sind, sondern gemeint sind alle Menschen und alles, was ist.

Eigentlich ist JHWH also kein Name, sondern Ausdruck einer Dynamik, die allen Menschen und allem, was ist, zugrunde liegt und sie hält und trägt. Nach diesem Verständnis ist auch der noch gut aufgehoben, der durchs Fass ohne Boden fällt.

Ein Wort fällt mir ein, das ähnlich geheimnisvoll wie das Wort j-h-w-h ist. Es ist das Wort Dao, das zentrale Wort des Daodejing. Hilmar Klaus (Hilmar Alquiros) sagt dazu auf seiner Website www.tao-te-king.org: „Sein, Nichts und darüber hinaus... Das Nichts hat mehr Sein in sich als alles andere - durch die bloße Potenz, Sein und wieder Nichts zu werden - dieses zeitlose, grundlegende Schwingen zwischen zwei Seiten derselben Seins-Potenz, der kreative Aspekt des unergründlichen Dao: die Transzendenz dessen... das auch Nichts sein kann.“ (Übersetzung von Werner Krotz.)

 „‚Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.’ So lautet eine wunderschöne, viel zitierte Zeile in Hermann Hesses Gedicht ‚Stufen’. Um so mehr gilt dies für den Uranfang von allem, das Dao – wörtlich ‚der Weg’, auch des Lebens, der Lauf der Natur, der Ursprung des Universums, die Einheit aller Gegensätze…“ (Hilmar Alquiros)

Der Uranfang beschützt uns und hilft uns zu leben - und hat sich auch im brennenden Dornbusch geäußert.

Das soll keine billige Gleichmacherei sein, sondern Ausdruck meines Erlebens. JHWH und Dao sind in mir lebendig, im Tanz der mystischen Hochzeit. In mir und in dir.

(Siehe auch: 8. Die letzte Wirklichkeit, 15. Die beiden Aspekte der letzten Wirklichkeit.)

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363. Das Überleben der Menschheit  -  25. Februar 2016

Darum geht es.

Vor circa einer Woche veröffentlichten die Zeitungen einen Bericht über ein Verbrechen der Lynchjustiz. US-Kampfflugzeuge hatten ein Gebäude in der westlibyschen Stadt Sabratha bombardiert und dabei nach Angaben des Bürgermeisters 41 Menschen getötet und sechs verletzt. Ein US-Militär sagte, ein Einsatzführer des IS sei dabei „wahrscheinlich“ getötet worden. Als ich den Bericht in Facebook postete, schrieb Barbara Falke dazu: „Es fehlen einem die Worte, obwohl man laut schreien sollte. [...] Die an sich so schöne Welt ist dermaßen krank. Lebensgefährlich krank. Heilung wäre möglich, aber nicht durch die üblichen Mittel, sondern Bewusstsein und Liebe. Wann begreifen das genug [Menschen]?“

Ich antwortete: „Seit Tausenden von Jahren haben das EINZELNE begriffen. Aber jetzt geht es darum, dass das ein KOLLEKTIVES Begreifen wird. Wir müssen wachsam bleiben und tun, was wir können.“

Unsere Lebensmöglichkeiten auf der Erde werden in immer größerem Ausmaß zerstört, angeheizt durch ein von Eliten benutztes System.

„Kapitalismus hat viele Gesichter. Mit dem Neoliberalismus hat er wohl seinen radikalsten und m. E. unmenschlichsten Ausdruck gefunden. [...] Die Politik hat in der Vergangenheit immer schon Verhaltensweisen toleriert, deren Folgen bedauerlicherweise Unmenschlichkeit, Gier, Rücksichtslosigkeit, Egoismus und vergleichbar negative menschliche Eigenschaften waren; aber erst der Neoliberalismus ist so schamlos, diese Eigenschaften als gesellschaftsbildendes Prinzip zu verherrlichen, die Bemühungen des Menschen um Kultur und Humanität vom Tisch zu wischen und ganz offen eine Kultur der bewusst tolerierten, ja geschaffenen Ungleichheit und des ruinösen Wettbewerbs zu favorisieren. [...] Der Neoliberalismus instrumentalisiert bedenkenlos Ungleichheit und Wettbewerb als Herrschaftsinstrument. Ökonomie ist dabei nur eine Randerscheinung.“ (Aus: Volker Frühling, „Ist der Neoliberalismus wirklich alternativlos? Ein Dialog zur politischen Ökonomie“.)

Angenommen, alternative, gewaltfreie Bewegungen könnten den Neoliberalismus stürzen. Würde dann eine neue Epoche der Menschheit anbrechen? Nein. Machtstreben, Korruption und Mitläufertum wären nicht ausgelöscht, sie können sich in jedem politischen System etablieren. Nur ein kollektives Begreifen, ein kollektiver Bewusstseinswandel würde Abhilfe bringen. Wie ich bei der Recherche zu meinem Buch „Das Ende der Paradigmen - Spurensuche für eine neue Zeit“ festgestellt habe, gibt es neben Zeichen des Horrors sehr wohl Zeichen der Hoffnung. Aber ein Umschlagen des Bewusstseins bei einer ausreichend großen Anzahl von Menschen konnte ich nicht ausmachen.

Was hilft uns weiter? Einsame Versenkung? Kollektive Vernetzung?

Gestern, bei meiner stillen Zeit in unserem Andachtsraum, habe ich wieder einmal das Buch von Heinz Gstrein „Alle meinen den einen Gott - Lesungen aus den heiligen Büchern der Weltreligionen“ als Orakelbuch verwendet. Als ich es bei einer beliebigen Seite aufschlug, bekam ich eine Stelle aus dem Qur’an, die ich in der Übersetzung von Heinz Gstrein wiedergebe.

„Du unser großer Gott,
lass unsere Herzen von jenem Weg nicht weichen,
auf dem du uns sicher geführt!
Du unser großer Gott,
du bist’s, der einst die Menschen versammelt,
darüber gibt’s keine Zweifel;
denn Allah ändert die festgesetzte Zeit nicht mehr.“
(Sure 3,8-9.)

Der erste Abschnitt dieses Textes ist für mich eine Bekräftigung, auf meine innere Führung zu hören und mich nach ihren Impulsen zu richten. Das tue ich seit vielen Jahren. Der zweite Abschnitt bestärkt meine innere Gewissheit, dass es mit der Menschheit zu einem guten Ende kommen wird. Sollte die Menschheit das noch auf dieser Erde erlangen, dann wohl erst nach einem Zusammenbruch von unvorstellbarem Ausmaß.

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362. Kontinuität ist eine Illusion  -  17. Februar 2016

Seit einigen Tagen geht mir ein Zweizeiler in Versmaß nicht aus dem Kopf: „Und Kontinuität / ist nichts als Illusion“. Ich vermutete, dass es das Ende eines Gedichtes ist, das ich früher einmal geschrieben habe, konnte das aber nicht verifizieren. Ich konnte auch nicht herausfinden, ob es zu einem Gedicht eines anderen Autors gehört.

Daraufhin machte ich eine Internet-Recherche mit dem Satz „Kontinuität ist eine Illusion“. Hier stelle ich nun einige Ergebnisse vor. Ich beginne mit der Sichtweise der Gehirnforschung. „Der deutsche Neurologe Ernst Pöppel, der sich selbst als ‚pragmatischen Monisten’ sieht und von ‚Bewusstsein außerhalb unseres Hirngeschehens’ nichts wissen will, meint, dass der ‚Bewusstseinsstrom’ in Wahrheit sprunghaft sei: Das Gehirn erzeuge seine eigene Uhr mit ‚Zeitquanten’ von etwa 30 Millisekunden Dauer, die wiederum in Einheiten von drei Sekunden (etwa die Länge einer Verszeile) zusammengefasst würden. ‚Der subjektive Eindruck einer zeitlichen Kontinuität ist eine Illusion, [hervorgerufen durch den Mechanismus der Vernetzung aufeinanderfolgender Bewusstseinsinhalte.]’“ (Aus: „Das menschliche Gehirn“, www.dominikazak.friko.pl.)

Nun folgt der Blickwinkel eines Schriftstellers: „Kontinuität ist eine Illusion; und doch benötigen wir sie, um uns zu beruhigen und einbilden zu können, dass alles in einem ruhigen Fluss ist. Wir erzeugen diese Illusion in den Erzählungen, die alle Brüche, Risse, Lücken und Sprünge auffüllen mit erfundener Geschichte. Das Irreguläre kommt nicht vor, das Diskontinuierliche, die Aporie. Genau das aber ist die große Täuschung, dass es etwas geben soll, das keine Aporie ist. Die Erzählung im simulierten Realismus der Ereignisse ist die unrealistischste Form des Erzählens, die es gibt.“ (Kurt Drawert, „Schreiben: Vom Leben der Texte“.)

Unter „Aporie“ versteht Kurt Drawert Folgendes: „Unmöglichkeit, zu einer Lösung oder Antwort zu kommen, grundlegende Widersprüchlichkeit einer Sache, Ratlosigkeit und Irritation.“

Dazu passt die folgende Anmerkung aus einem Forum: „Ich bin schon in der Früh nach dem Aufwachen nicht sicher, wer ich eigentlich bin. Mein Ich ist aus tausend Zufälligkeiten zusammengepappt und ändert sich dauernd. Kontinuität ist eine Illusion, die in jedem Moment neu bestätigt werden muss, und auch nur, wenn man drauf besteht.“ (KalomsZweiteFrau, „Eine theoretische Überlegung“, www.forum.worldofplayers.de.)

Nun aber zurück zu dem Zweizeiler, der mir nicht aus dem Kopf geht. Da ich also kein Gedicht finden konnte, das ihn enthält, ist mir nichts anderes übrig geblieben, als eines zu schreiben. Mit der Wiedergabe dieses Gedichtes beende ich den Baustein. Ist es eine Parodie oder ist es ernst gemeint? Das kann man bei mir manchmal nicht unterscheiden.

die kuh sie frisst das gras
der wolf er frisst das lamm
der hirte flickt den zaun
die senn’rin schlägt den rahm

die wüste ist nicht tot
das meer ist voller duft
der schrei des kormoran
uns zur besinnung ruft

im winter ist es kalt
im sommer ist es heiß
der junge mensch wird alt
der alte wird ein greis

am morgen ist es früh
am abend ist es spät
die ahnfrau ohne ruh
in ihre klause geht

der tag ist bald erfüllt
es sinkt die sonne schon
und kontinuität
ist nichts als illusion

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361. Die Kerze der Transformation  -  9. Februar 2016

















Unser Windfang ist ein zentraler Punkt des Hauses, der sowohl Gerhild als auch mir im Laufe des Tages immer wieder in den Blick kommt. Hier lassen wir an jedem Monatsersten den ganzen Tag über eine Kerze brennen, für Bewusstheit, Gebet, Meditation.

Wessen wollen wir bewusst sein? Wofür wollen wir beten? Das hat sich im Laufe der Jahre erweitert. Ursprünglich für die dringend notwendigen Reformen in der römisch-katholischen Kirche, später dann darüber hinaus für die noch viel dringenderen Reformen im globalen politischen und wirtschaftlichen System. Und für den Frieden in der Welt.

Werden Reformen in der Kirche, wird die Überarbeitung des Kirchenrechts etwas bringen, wenn das Bewusstsein der Menschen nicht weiter und liebevoller wird? Wenig.

Werden Reformen im globalen politischen und wirtschaftlichen System, wird etwa die Einführung einer Finanztransaktionssteuer etwas bringen, wenn Korruption und Egoismus weiterhin grassieren? Wenig, es wird immer neue Schlupflöcher geben.

Wird es Frieden geben, solange mit Waffengeschäften riesige Gewinne erwirtschaftet werden können? Nein.

Wofür beten wir also letzten Endes, mit meditativer Gelassenheit, die der Verzweiflung keinen Raum gibt? Für eine kollektive Bewusstseinsänderung der Menschheit. Denn das Erwachen Einzelner, die Bereitschaft Einzelner zur Transformation hat es in allen Jahrhunderten gegeben. Es ist zu wenig.

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360. Konfessionsfreies Leben  -  1. Februar 2016

Die österreichische Laieninitiative gibt eine Reihe von „Gedanken zu Glaube und Zeit“ heraus, in der bisher 170 Artikel erschienen sind. Im Zuge des Gedankenaustauschs zu einem dieser Artikel regt Karl Wieninger an, dass bei römisch-katholischen Messfeiern die Epiklese vor dem Einsetzungsbericht sowie die Doxologie am Ende des Hochgebets von allen Anwesenden gesprochen werden soll, nicht nur vom Priester.

Die Epiklese lautet zum Beispiel: „Darum bitten wir dich: sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Fleisch und Blut deines Sohnes, unsres Herrn Jesus Christus.“

Die Doxologie hat zum Beispiel diese Form: „Durch ihn und mit ihm und in ihm ist dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes, alle Herrlichkeit und Ehre, jetzt und in Ewigkeit. Amen.“

Gerhild, meine Frau, und ich begehen seit nunmehr sieben Jahren von Zeit zu Zeit eine priesterlose Eucharistiefeier bei uns zu Hause. Nur ganz selten waren auch andere Personen dabei. Die Leute trauen sich nicht. Im Baustein 150 habe ich dazu geschrieben: „Die römisch-katholische Hierarchie hält den Behälter, in dem sie die Eucharistiefeier eingeschlossen hat, mit Gewalt fest. Würde sie den Behälter öffnen und die Eucharistiefeier für alle freigeben, die Jesus lieben, würde sich ein Strom des Segens in die Welt ergießen. Die kleinlichen ökumenischen Streitigkeiten wären kein Thema mehr. Die Kirchen und die Welt würden sich wandeln.“

Bei unseren privaten Eucharistiefeiern verwenden wir zwei Formen der Epiklese.

1. Form: „Wir haben hier Brot und Wein und bitten dich: Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit Leib und Blut des auferstandenen Jesus in ihnen wohnen und uns immer mehr mit ihm und untereinander verbinden.“

2. Form: „Wir haben hier Brot und Wein und bitten dich: Sende deinen Geist auf uns herab und reinige, heile und heilige uns, damit wir Leib und Blut des auferstandenen Jesus in diesen Gaben erkennen und uns immer mehr mit ihm und untereinander verbinden.“

Die Doxologie sprechen wir wie folgt: „Er ist uns vorangegangen in die innigste Gemeinsamkeit mit dir und mit allem, was je gelebt hat und leben wird. Für jeden Menschen bereitet er bei dir einen Platz. Vater, du sendest uns deinen Geist, damit wir das alles verstehen und auf der Erde verwirklichen. Denn das ewige Leben und das Leben auf der Erde sind eins. Dafür loben und preisen wir dich jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.“

Unsere Feier nannten wir zuerst „priesterlose Eucharistiefeier“. Als wir sie dann nicht mehr römisch-katholisch, sondern überkonfessionell sehen wollten, nannten wir sie „Gottesdienst mit Abendmahl ohne Leitung durch Amtsträger“. In der Zwischenzeit ist mir klar geworden, dass sie nicht überkonfessionell, sondern konfessionsfrei ist. Dass das gesamte menschliche Leben nicht konfessionsgebunden, nicht überkonfessionell, sondern konfessionsfrei ist. Jesus hat uns dazu berufen, dass wir uns aufrichten und unsere Freiheit bewusst leben und in Liebe mit allen Menschen teilen.

(Siehe auch: 150. Auf der Suche nach der authentischen Eucharistie.)

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359. Die sieben Toxizitäten  -  24. Januar 2016

Rashid A. Buttar ist Arzt und Leiter des Center for Advanced Medicine and Clinical Research in Cornelius, North Carolina. Er schreibt: „Meine Erfahrungen aus der Arbeit mit einigen tausend Patienten in aller Welt haben mich gelehrt, dass der weitaus größte Teil der Toxine aus sieben großen Quellen stammt. [...] Wenn diese sieben Toxine wirksam angegangen und beseitigt würden [...], dann wäre der größte Teil des oxidativen Stresses beseitigt [...], der zu chronischen Krankheiten führt.“ Drei dieser chronischen Krankheitstypen (Herzerkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen) verursachen 92% aller Todesfälle in der industrialisierten Welt. Die Beschreibung der sieben Toxizitäten entnehme ich dem Buch „Krebs verstehen und natürlich heilen“ von Ty Bollinger, S. 237 - 245.

1. Toxizität: Schwermetalle. Zu ihnen gehören Quecksilber, Blei, Antimon, Nickel, Kadmium, Zinn, Arsen, Uran und andere. Sie richten oxidativen Schaden an, behindern also die Aufnahme von Sauerstoff durch die Zellen, sie verdrängen essenzielle Mineralien wie Magnesium, Kupfer, Mangan, Zink und Selen und sie schädigen das endokrine System, das den Hormonspiegel reguliert.

2. Toxizität: Langlebige organische Schadstoffe. Die zwölf tödlichsten organischen Schadstoffe sind unter der Bezeichnung „das dreckige Dutzend“ bekannt. Dazu gehören Insektizide wie DDT und Chlordan, Industriechemikalien wie PCBs, Nebenprodukte von Verbrennungsprozessen wie Dioxine und Furane, sowie das Fungizid HCB. Langlebige organische Schadstoffe befinden sich in Pestiziden, Insektiziden, Lacken, Lösungsmitteln, Sprays und Putzmitteln. Sie werden vom Körper der Mutter an das Neugeborene weitergegeben.

3. Toxizität: Opportunistische Erreger. Opportunistische Infektionen werden durch Bakterien, Viren, Parasiten und Hefen etc. ausgelöst. Schwermetalle und langlebige organische Schadstoffe unterdrücken das Immunsystem und machen den Körper gegenüber den opportunistischen Pathogenen verletzlich. Dazu kommen Medikamentenresistenzen aufgrund des übermäßigen Gebrauchs von Antibiotika, antiviralen Wirkstoffen, Antimykotika, etc.

4. Toxizität: Energetische Toxizität. Dazu gehört elektromagnetische Strahlung (von Stromleitungen und Mikrowellen) und Umgebungsstrahlung (von Handys, Radarstationen, Fernsehern und Computermonitoren). Diese Toxizität nimmt mit rasanter Geschwindigkeit zu. Das führt übrigens dazu, dass sich das Magnetit im Verdauungstrakt der Bienen nicht mehr richtig am irdischen Magnetfeld ausrichten kann, sodass sie den Rückweg zu ihren Stöcken nicht mehr finden - ein weiterer Grund dafür, dass die Bienenvölker immer schneller verschwinden. Man sollte Nahrung nicht mit Mikrowellenherden erhitzen.

5. Toxizität: Emotionale/psychologische Toxizität. Nur wer sich seinen emotionalen Problemen stellt, seinen Ärger herauslässt, anderen Menschen vergibt und bedingungslos zu lieben beginnt, hat eine Chance, eine schwere chronische Krankheit wie Krebs zu überwinden. Ein negatives Gemüt gehört zu den toxischsten und gefährlichsten Formen von oxidativem Stress. Wenn es unterdrückt wird, lauert es im Unterbewusstsein.

6. Toxizität: Toxische Nahrung. Hier geht es darum, genetisch veränderte Organismen und mit ionisierenden Strahlen behandelte Produkte zu meiden. Die veränderte DNS von Lebensmitteln könnte uns schaden oder sogar unseren eigenen genetischen Code verändern. Auch könnten wir Antikörper gegen solche Lebensmittel entwickeln, was zu neuen Autoimmunerkrankungen führen würde.

7. Toxizität: Spirituelle Toxizität. Eine Person, die spirituell vergiftet ist, ist verhärtet. Sie hat das Gefühl, dass andere Menschen nicht das Recht haben, etwas zu glauben, das ihrer eigenen persönlichen Ansicht widerspricht. Wer anderen Leuten das Recht auf Leben nach einem anderen Glauben verweigert, vergiftet sich selbst.

Fazit: Unsere Erde wird sukzessive vergiftet und alle ihre Bewohner mit ihr. Dazu kommen noch die Irrwege, anderen Menschen nicht vergeben zu können und ihren Glauben, ihre Lebensweise nicht akzeptieren zu können. Wir sind darauf angewiesen, jede Hilfe in Anspruch zu nehmen, die wir bekommen können, und uns entschlossen gegen die sieben Toxizitäten zu wehren - in uns selbst und in der Welt.

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358. Sturz in den Umsturz  -  15. Januar 2016

„Sturz in den Umsturz“ ist der Titel eines Theaterstückes, das ich im Frühjahr 1963 geschrieben habe, in meinem 22. Lebensjahr. In diesem Stück spricht ein zum Tode verurteilter Revolutionär, zum Publikum gewandt, folgenden Text:

Wir leben in einer eigenartigen Zeit. Die Kenntnisse und Fähigkeiten sind den Menschen über den Kopf gewachsen wie nie zuvor. Wir müssen ein neues Verhältnis zu ihnen finden, wir müssen begreifen, dass wir für alles verantwortlich sind. Unser Schlamassel ist nicht von selbst geworden, nicht wie eine schöne Landschaft, an der wir uns kostenlos erfreuen dürfen. Wir müssen dafür bezahlen. Wir sind mehr als genießende Verbraucher, die sich beliebig lenken lassen. Wir sind aber auch mehr als Sklavenhalter. Kein System kann uns unsere Entscheidung ersparen, wenn wir nicht zugrunde gehen wollen. Wir stehen an einem Wendepunkt. Eine große Verheißung wird sich erfüllen oder ein großes Unheil wird über uns hereinbrechen. Wir sind dazu verpflichtet, alle auf diesen Wendepunkt aufmerksam zu machen. Wenn der Revolution nur dies gelingt, so bin ich zufrieden.

Nun ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen und dieser Text ist immer noch aktuell.

Am 9. Januar 2016 fanden in Köln eine Pegida-Demonstration und eine Gegendemonstration statt. Die Pegida-Demonstration wurde schließlich durch die Polizei gewaltsam aufgelöst, unter Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas. Nach einem Augenzeugenbericht von Holm Teichert und einem Video von Anonymous wurden die Böller, die die Polizei zur Auflösung der Pegida-Demonstration veranlassten, (auch?) von Journalisten geworfen. Barbara Falke hat zu dem Bericht von Holm Teichert in einem Facebook-Beitrag folgenden Kommentar verfasst (stark gekürzt):

„[Was sich in Köln abgespielt hat,] betrifft uns alle. Weil es die Zukunft Deutschlands und der EU betrifft und deren Weg in eine Diktatur und in eine NWO [Neue Weltordnung], die ich nicht will.

Ich bin überzeugt, dass die Gründung Pegidas von gewissen Eliten erfolgte, um in Deutschland jeden gegen jeden aufzustacheln, aufzuhetzen und bürgerkriegsartige Zustände herbeizuführen. Teile und herrsche.

Wir wissen, dass in friedliche Proteste schon immer von Geheimdienst oder Polizei [...] Kräfte eingeschleust werden, die Gewalt hineinbringen, um einen Grund zu haben, die Sache eskalieren zu lassen.

Wir sehen, dass im Namen der Sicherheit dann immer mehr Freiheit und Rechte beschnitten werden, Überwachung zunimmt. Eurogendfor [Europäische Gendarmerietruppe, eine europäische militärische Polizeitruppe, die dem Krisenmanagement dienen soll] gibt es schon!!!

Ich bin [wie viele andere] besorgt. Ich bin ja der Meinung, dass wir uns alle zusammen einschließlich der Flüchtlinge verbünden müssten, weil wir alle missbraucht werden, alle Opfer dieses kaputten Systems sind, das in seinem Todeskampf gerade besonders gefährlich wird. Aber genau dieses System verhindert genau diesen Zusammenschluss durch Manipulation, durch Spaltung.

Ich möchte, dass Menschen friedlich auf die Straße gehen können, wenn sie protestieren wollen. Wenn ihre Sorgen anderswo nicht mehr ernst genommen werden, wenn sie hilflos sind wie ich angesichts all der Lügen und Täuschungen. Und trotzdem was tun wollen.“

Wie ist das in meinem Theaterstück, das 1967 in Graz uraufgeführt wurde? Eine zynische, machtgierige Revolution vereinnahmt und instrumentalisiert eine idealistische Revolution, die gegen ein kaputtes System angetreten ist. Sturz in den Umsturz.

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357. Lingam mit Yoni  -  4. Januar 2016

Das Bild, aufgenommen von Nevil Zaveri, zeigt Lingam mit Yoni im Fluss Narmada in Indien. Der Lingam ist eine Steinsäule in der Form eines Phallus. In diesem Symbol der Zeugungskraft wird Shiva, die dritte Gottheit der Hindu-Trinität, verehrt. Die Yoni ist der Urgrund, die Quelle allen Werdens. In diesem Symbol wird die Shakti, die Gemahlin Shivas, als göttliche Mutter verehrt. (Nach dem Lexikon der östlichen Weisheitslehren.) Der Lingam in der Yoni ist ein Ausdruck höchster, nie versiegender Kraft, der Ekstase, des Wegfallens aller Begrenzungen, des Neubeginns.

Was soll man von einer Kirche halten, die in der Sexualität etwas Schmutziges sieht? Augustinus von Hippo, der Erfinder der Erbsünde, soll gesagt haben: „Die Geschlechtslust trägt die Erbsünde weiter von einem Geschlecht zum anderen“.

Aber es gibt noch Hoffnung. Bei der Taufwasserweihe in der Osternacht senkt der katholische Priester die Osterkerze einmal oder dreimal in das Becken mit dem Taufwasser. Yoni und Lingam.

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356. Wer ist wessen Ebenbild?  -  28. Dezember 2015

Im ersten Schöpfungsbericht des Tanach stehen die folgenden verhängnisvollen Worte, die ich in der Buber-Rosenzweig-Übersetzung wiedergebe:

„Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn, männlich, weiblich schuf er sie. Gott segnete sie, Gott sprach zu ihnen: Fruchtet und mehrt euch und füllet die Erde und bemächtigt euch ihrer!“ (1 Mose 1,27-28.)

Die Menschheit, die diesen Worten in keiner Weise gewachsen ist und ihre Verantwortung nicht erkennt, hält sich für etwas Besonderes und zögert nicht, sich der Erde zu bemächtigen, sie zu unterwerfen (wie es in der Einheitsübersetzung heißt) und sie zu zerstören.

Wie anders klingen die Worte, die ich kürzlich im Text des Schöpfungsmysterienspiels von Memphis, Ägypten gefunden habe. Aus dem Urgewässer Nun steigt der Schöpfergott Ptah empor, der aus sich heraus die Welt und die anderen Urgötter erschafft.

„Es war eine Zeit, da alle die einzelnen göttlichen Wesen noch ungeboren waren in seinem Munde. Er aber sprach aus den Namen aller Dinge - und sie wurden. Er schuf sie nach seinem Ebenbilde. Sie alle sind nur die vielfachen Formen des großen, ewigen Einen.“

Nicht der Mensch, sondern alle Wesen sind nach dem Bild Gottes geschaffen. Wir leben in einer Welt, in der alle Arten von Wesen den gleichen Rang haben. Unsere Verantwortung ist es, all unsere Liebe und all unsere Fähigkeiten für das Gedeihen unserer menschlichen und nichtmenschlichen Geschwister einzusetzen.

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355. Die heiligen Nächte  -  21. Dezember 2015

In der Nacht von heute auf morgen ist Wintersonnenwende, und zwar am 22. Dezember 2015 um 5 h 48. Und dann folgen die heiligen Nächte, die Raunächte. Ob die kommende Nacht dazugezählt wird oder nicht, hängt von der Tradition ab, auf die man sich bezieht. Das Wort „Raunacht“ oder „Rauchnacht“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „rûch“ ab, was haarig, aber auch wild bedeutet und auf wilde Tiere oder Dämonen verweist. Aber auch von Rauch, wegen der Räucherungen, die an diesen Tagen durchgeführt werden.

„Die Festeszeit der Raunächte hat ihren Ursprung in der germanischen Zeitrechnung. Die Germanen kannten das Mond- und das Sonnenjahr, wobei sie in Mondzyklen von ca. 29,5 Tagen rechneten. Da das Sonnenjahr aber 365 Tage hat, besteht eine Differenz von 11 Tagen und 12 Nächten. Diese 12 Nächte sind die 12 Weihnächte oder Raunächte, von denen jede einem Mondzyklus entspricht. Die zwölf Monate, nach denen auch die Germanen das Jahr gliederten, bilden sich in der Abfolge der zwölf Nächte ab und Orakel, die in diesen Nächten gestellt wurden, sollten eine prophetische Vorbedeutung für die entsprechenden Monate des folgenden Jahres haben.“ (Aus: Anthrowiki, Stichwort „Raunächte“.)

Wie gehen wir mit den Raunächten um? Beachten wir sie oder ignorieren wir sie? Wenn wir sie beachten, können wir weder die vorchristlichen noch die christlichen Traditionen außer Acht lassen.

„In den Nächten und Tagen ab 21. Dezember bis Anfang Januar herrscht eine besondere Zeitqualität. Die Schleier und Grenzen, die unsere Welt aufrecht halten, sind seit jeher transparenter und durchlässiger als im ganzen Rest des Jahres. Kraft- und machtvoll strömen die Energien und schenken uns Menschen viele Möglichkeiten für tiefe magische Rituale und hohe lichtreiche Zeremonien. An diesen Tagen empfangen wir besondere Inputs der Mondgöttin und ihrer ehemals verkörperten Priesterinnen aus Avalon sowie der keltisch druidischen Ära und darüber hinaus. Unsere Ahnen und Krafttiere und viele Wesen längst verflossener Zeitepochen geben sich in diesen Nächten und Tagen ein Stelldichein und überliefern uns Botschaften und Erkenntnisse, die von großem Wert für alle nächsten Monate, das ganze Jahr sind.“ (Aus: Andrea Kraus, „Im Rauch der rauen Nächte“.)

Das Buch „Wer, denken die Menschen, bin Ich? – Eine Christologie der Liebe“ von Roland van Vliet (Erscheinungstermin: 1. Januar 2016) enthält ein Kapitel „Der Christusimpuls in der Johannizeit und in den heiligen Nächten“. In diesem Kapitel präsentiert der Autor eine völlig neue Interpretation der 13 heiligen Nächte vom 24.12. bis zum 6.1. Nach Etschewit, einem Naturwesen, das zum Wasser-Element gehört, sind die ersten vier heiligen Nächte mit dem physischen Körper, dem Ätherleib, dem Astralleib und dem Ich verbunden und die anderen neun Nächte mit den Hierarchien der Engel, wovon Paulus, Dionysius Areopagita und Rudolf Steiner gesprochen haben. Christus schenkt in diesen Nächten der menschlichen Seele göttliche Keime aus den vier Reichen und neun Engelhierarchien zur inneren Entwicklung für das nächste Jahr. Roland van Vliet bietet Meditationstexte und Übungen an, die man in dieser speziellen Welten-Ruhezeit des Jahres verwenden kann.

Lassen wir die Raunächte nicht ungenützt an uns vorübergehen.

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354. Die Erwählung Marias  -  14. Dezember 2015

Im Blatt des Adventkalenders vom 8. Dezember 2015, den Wir sind Kirche Deutschland herausgibt, wird dieser Tag als „Hochfest der Erwählung Mariens“ bezeichnet. Das klingt für mich freundlicher als die offizielle Bezeichnung „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“.

Die augustinische Idee, alle Menschen seien mit einer Erbsünde behaftet, die vom ersten Menschenpaar an die anderen weitergegeben wurde, hat sich leider im westlichen Christentum festgesetzt. Statt von Erbsünde spricht man heute lieber von Sündenverflochtenheit, dabei wird statt der Freiheit die Unfreiheit der Menschen betont und ihre restlose Angewiesenheit auf Gnade.

Maria aber ist erwählt, Jesus auf die Erde zu bringen, indem sie ihn gebiert. Damit das möglich ist, muss sie vom Moment ihrer Empfängnis an frei vom fatalen Netz der Verflochtenheit sein.

Jeder Mensch ist erwählt, sein Inneres zum Leuchten zu bringen, sich dieses Leuchten schenken zu lassen und weiterzuschenken, wo er geht und steht. Er ist erwählt, zu verstehen und zu verwirklichen, dass ihn kein Netz der Verflochtenheit festhalten kann, unabhängig von jeder religiösen Zugehörigkeit. Er ist erwählt, die innigste Zugehörigkeit zu göttlich inspirierten oder göttlichen Menschen wie Jesus zu finden und zu leben. Dabei ist das irdische und überirdische Leben Jesu für mich von zentraler weltgeschichtlicher und kosmischer Bedeutung.

Spottet der Zustand der Menschheit und der ausgebeuteten Erde meinen Worten nicht Hohn? Ich sehe das nicht so. Ich sehe Geburtswehen im großen Stil. Wir sind eingeladen, uns zur Verfügung zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.

In der offiziellen Bezeichnung, die die römisch-katholische Kirche dem Fest gegeben hat, wird Maria auch eine Jungfrau genannt, gemeint ist eine immerwährende Jungfrau. Und da man für diesen Tag keine Bibelstelle von der Empfängnis Marias hat, nimmt man das Evangelium von der Empfängnis Jesu. (Lk 1,26-38.)

Der Engel Gabriel erscheint Maria und verkündet ihr, sie werde schwanger werden und einen königlichen Sohn gebären. Maria erkundigt sich, wie das gehen soll, da sie doch mit keinem Mann schläft. Der Engel antwortet:

„Heiliger Geist wird auf dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (Münchener Neues Testament.)

„Die heilige Geistkraft wird auf dich herabkommen und die Kraft des Höchsten wird dich in ihren Schatten hüllen.“ (Bibel in gerechter Sprache.)

Hier wird in inspirierten Worten dem Schutz und der Stärke Ausdruck verliehen, die Maria empfangen wird. Von einer Zeugung ist nicht die Rede.

Und nun spricht der Engel von Elisabet, die in hohem Alter noch einen Sohn empfangen hat, gezeugt von ihrem Mann Zacharias. Der Hinweis auf die natürliche Zeugung und Geburt des Johannes kann auch als Hinweis auf die natürliche Zeugung und Geburt Jesu aufgefasst werden. Alles andere gehört zum Bereich der Mythologie.

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353. Sensus infidelium  -  07. Dezember 2015

Sensus fidelium, das Gefühl oder Verständnis der Gläubigen, ist ein Begriff der römisch-katholischen Theologie. Der „übernatürliche Glaubenssinn“ bezeichnet einen „Instinkt für die Wahrheit des Evangeliums“, eine „ganz persönliche, tiefe Kenntnis des kirchlichen Glaubens“, die es allen Mitgliedern der Kirche ermöglicht, „echte christliche Lehre und Praxis zu erkennen und zu befürworten sowie zurückzuweisen, was falsch ist“. (Nach: Wikipedia, Stichwort „Sensus fidei“.)

Das Falsche zurückzuweisen ist meiner Meinung nach eine ungenügende Haltung, die nur dazu geführt hat, dass vieles Kostbare aus dem Christentum als Irrlehre ausgeschieden wurde.

Der Glaubenssinn wird auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückgeführt. Er ist mehr bzw. etwas anderes als nur die Meinung der Mehrheit. (Nach: Sabine Demel, „Sensus fidelium: Der Glaubenssinn des ganzen Gottesvolkes: Fromme Floskel oder erfahrbare Wirklichkeit?“, Regensburg, 2004.)

Im Konzilsdokument Lumen Gentium wird im Punkt 12 der „Sensus fidei“ erwähnt und es wird betont: „Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren.“ Für mich ist das viel zu eng und egoistisch gefasst. In meinem Buch „Jesus für alle“ gibt es ein Kapitel mit dem Titel „Das Weltbekenntnis“. In diesem Kapitel habe ich das Glaubensbekenntnis von Nicäa-Konstantinopel dogmenfrei umformuliert und mit folgendem Gebet ergänzt:

Ich vertraue darauf, dass jeder Mensch und alles in der Welt sein Ziel erreichen wird. Amen.

Im „Mormon dialogue & discussion board“ fand ich folgenden Beitrag vom 17. Mai 2012: „Nie in 2.000 Jahren war der ‚sensus fidelium’ der katholischen Kirche weniger zuverlässig. Eine Umfrage bei den mehr als eine Milliarde getauften Katholiken in der Welt würde zweifellos zeigen, dass der ‚sensus fidelium’ auch bestreiten würde, dass der Papst unfehlbar ist oder dass Christus in der Heiligen Eucharistie anwesend ist. Kein Wunder, dass sie katholische Unterscheidungen bezüglich der Erbsünde und der Gründe, warum die Ungetauften niemals Glück im Himmel finden könnten, bevor sie nicht unbeschreibliche Schmerzen in der Hölle erlitten hätten, auch nicht anerkennen würden. Die katholische Kirche ist in einem Zustand der Krise, und die dokumentierten Überzeugungen eines großen Teils der Mitglieder könnten besser als ‚sensus infidelium’ beschrieben werden.“ (Übersetzung von Werner Krotz.)

Dass die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes weitgehend abgelehnt wird, ist klar. Die Frage, ob bzw. in welcher Form Christus in der Heiligen Eucharistie anwesend ist, wird von verschiedenen christlichen Konfessionen verschieden beantwortet. Dass diese Verschiedenheiten bis heute vor allem von der katholischen Kirche nicht anerkannt werden, ist ein Ausdruck von Engstirnigkeit und Engherzigkeit. Und was die Hölle betrifft, so hat mir vor Kurzem ein Mitglied der evangelischen Kirche ganz leger erklärt, dass wir ja alle sowieso nicht mehr an die ewige Verdammnis glauben. Dazu sage ich gerne: Mit dieser Meinung sind wir bei Origenes in guter Gesellschaft.

Grundlegend für Tom Beaudoins Engagement für die populäre Kultur ist die Überzeugung, dass Leute (oder Formen der Pop-Kultur), die angeben, wenig oder nichts über das Religiöse zu wissen, religiöse Sinngehalte für Gläubige bilden, anregen oder verwandeln könnten. Dafür gebraucht er den Begriff „sensus infidelium“. Er meint damit die kraftvolle Möglichkeit, dass Wahrheit sich bei denen herausbilden könnte, von denen man am wenigsten annimmt, dass sie sie besitzen. (Nach: Tom Beaudoin, „Virtual Faith“, S. 34.)

Werden wir weit, gehen wir über alle Grenzen von Religionen und Weltanschauungen hinaus. Eine meiner Lebensleitlinien lautet:

Ich glaube nichts und ich vertraue bedingungslos.

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352. Warum flüchten sie?  -  30. November 2015

Die Flüchtlingskrise in Europa ist in aller Munde. Man liest viel über die Frage, wie man den Ansturm bewältigen oder abwehren könnte, und wenig über die Ursachen der Flucht. Zu den Ursachen zitiere ich nun aus zwei Zeitungsartikeln:
Reinhard Loske, „Wohlstandsinsel in Gefahr“, Zeit online, 25. September 2015;
Byung-Chul Han, „Woher kommen die Flüchtlinge?“, Der Tagesspiegel, 17. September 2015.

„Der europäische Kolonialismus, der unsägliches Leid über Afrika gebracht hat, setzt sich im Grunde bis heute fort, in sublimer, international erweiterter Form. [...] Der Wohlstand des Westens beruht auf dem Elend der anderen, eine für den globalen Kapitalismus konstitutive Asymmetrie. Gewalt und Ungerechtigkeit sind systemimmanent.“ (B. H.)

„Nur wenn es auf dem Planeten zwischen armen und reichen Ländern gerechter zugeht, ist die Flüchtlingsfrage nachhaltig zu lösen.“ (R. L.)

„Wir haben uns hierzulande angewöhnt, zwischen Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden.“ Aber diese Unterscheidung ist oberflächlich. „Die Ursachen für den Migrationsdruck liegen in Verfolgung, Diskriminierung und Kriegen, aber auch in den gewaltigen Einkommensunterschieden zwischen armen und reichen Völkern.“ (R. L.)

„Während das reichste Fünftel der Menschheit 1960 einen Anteil von 70 Prozent am Weltsozialprodukt auf sich vereinte, sind es heute 84 Prozent. Zugleich sank der Anteil des ärmsten Fünftels der Weltbevölkerung am globalen Sozialprodukt von 2,3 auf ein Prozent. [...] Die traurige Faustregel lautet: Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.“ (R. L.)

„Die gegenwärtige Weltwirtschaftsordnung ist, abgesehen vom Sonderfall China, vor allem ein Instrument, um die Dominanz von industrialisierten Staaten über Entwicklungsländer sicherzustellen. Da viele Staaten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens den Löwenanteil ihrer Exporterlöse mit Rohstoffen und Agrarprodukten erzielen, hängen sie extrem stark von der Entwicklung der Weltmarktpreise ab. Die internationalen Tauschverhältnisse verschlechtern sich aber für viele Entwicklungsländer zusehends: Während Produkte mit hoher Fertigungstiefe und Industrieprodukte teurer werden, verfallen Rohstoff- und Agrarpreise.“ (R. L.)

„Der Islamische Staat ist derzeit zweifellos die größte Bedrohung – auch ihm wurde mit dem Irakkrieg der Boden bereitet. Und man sollte bedenken, dass der radikale Islamismus und der neoliberale Kapitalismus zwei Seiten einer Medaille sind.“ (B. H.)

Das sind größtenteils Tatsachen, die „wir“ seit Jahrzehnten kennen, seit ich ca. von 1975 bis 1985 im Forschungszentrum Seibersdorf und in der Pfarre Wien-Hernals entsprechende Arbeitskreise geleitet habe. Bis zum heutigen Tag sind „wir“ unfähig, etwas daran zu ändern. Aber nun beginnt die Lage der Menschheit unkontrollierbar zu werden. Nur eines kann uns helfen: Wenn immer mehr Bewusstsein für Frieden und Liebe erwacht und dazu führt, dass entsprechende internationale Regeln entwickelt werden, soweit sie nicht ohnehin schon bestehen, und ihre Einhaltung auch durchgesetzt wird.

Feedback von Barbara Falke:

Ich sehe all diese Ursachen genauso, die ungerechte Verteilung, Zerstörung von Ländern durch Krieg und Terror, der Wirtschaft und Umwelt. Und ich finde die Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen auch oberflächlich. Aber auch von einer zusätzlichen Seite, die mir bis vor Kurzem nicht bewusst wurde und die erst seltsam klingen mag. Und zwar als ich hörte, wie es syrischen Flüchtlingen in der Türkei geht, die jetzt nach Deutschland ziehen. Es wurden in der Türkei über 2 Mio aufgenommen, im Südosten gibt es die modernsten und von der UN hochgelobten Flüchtlingslager, aber viele sind weiter gezogen zu Familienangehörigen oder in die großen Städte. Dort bekommen sie vom Staat Wohnungen, erhalten Geld und können arbeiten, was sie auch tun. Es ging ihnen jahrelang relativ gut, doch jetzt wird alles in Euro umgetauscht und man macht sich auf den gefährlichen Weg. Ich habe mich immer gefragt, da ich die Türkei als sicheres Land für die Flüchtlinge kenne, warum sie das tun und die Gefahr selbst mit kleinen Kindern auf sich nehmen. Nun wird immer klarer, dass bei ihnen - von wem und aus welchen Gründen auch immer - die Information gestreut wird, Deutschland lade alle ein, es warten Arbeit, Haus und Auto, weit mehr Lebensstandard als in der Türkei sei in kurzer Zeit aufzubauen. Ich möchte das auf keinen Fall bewerten. Ich möchte nur zum weiteren Nachdenken anregen. Über uns alle, den Verfall von Werten, unsere Verführbarkeit und die Verführer, worin die Ursachen liegen, wie wir uns davor schützen können. Dabei möchte ich nicht sagen, dass es zu verachten ist, wenn jemand Geld machen will. Ich habe es auch noch nicht zu Ende gedacht, da es ein weites Feld ist und auch über das Flüchtlingsthema hinaus geht.

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351. Quo vadis, Sozialdemokratie?  -  23. November 2015

Jeremy Corbin wurde am 12. September 2015 zum Vorsitzenden der Labour Party gewählt. Die marxistische Zeitschrift „Der Funke“ kommentierte dieses Ereignis in zwei Artikeln: „Politisches Erdbeben erschüttert britisches Establishment“ (18. September 2015) und „Bewegung gegen das Establishment“ (13. November 2015).

„Der herausragende Sieg von Jeremy Corbyn in der Wahl zum Vorsitzenden der Labour Party ist ein politisches Erdbeben von monumentalem Ausmaß. Er stellt die politische Lage in England auf den Kopf. Hunderttausende Arbeiter/innen und Jugendliche, die verzweifelt nach einer Alternative suchen, feiern den Sieg im ganzen Land.“

„Tony Blair hat ‚New Labour’ erschaffen, eine Marke, die mit dem Irakkrieg, Studiengebühren, Antigewerkschaftsgesetzen und Privatisierungen assoziiert wird. [...] Damit machte sich die Labour Party fast ununterscheidbar von den Konservativen. Labour wurde Tory-light.“

„Blairs Projekt, die Partei ‚reif für den Kapitalismus’ zu machen, wurde begleitet von einer Reinigung von Sozialist/inn/en und dem Wegwurf linker Programme, inklusive der Streichung von Clause IV [Gemeineigentum der Produktionsmittel und Arbeiter/innen/kontrolle] aus der Parteiverfassung. [...] Es ist Zeit, dass dieses Ziel wieder eingeführt und eingefordert wird, um den Wohlstand aller zu heben. [...] Das Programm von Corbyn kann nur umgesetzt werden, wenn die Eckpfeiler der Produktion und des Bankenwesens verstaatlicht und unter demokratische Kontrolle der Arbeiterschaft gestellt werden.“

Der Wikipedia-Artikel „Jeremy Corbin“ liefert fundierte Informationen über die politischen Positionen des neuen Vorsitzenden der Labour Party, der erst gegen den rechtsdominierten Apparat der Partei seine eigene politische Basis organisieren muss. Wird er sich durchsetzen? Und werden die von ihm angepeilten Reformen gegen den Widerstand der herrschenden Eliten möglich sein? Für mich ist er ein Hoffnungsträger.

Einen Mann wie ihn wünsche ich mir auch für mein Heimatland Österreich. Aber es ist keiner in Sicht. Die SPÖ ist ÖVP-light. Beide Parteien zusammen sind nicht mehr für die Massen da, sondern gehorsame Vollstreckungsorgane der Befehle aus Brüssel. Wer könnte bei uns die Massen aus ihrer Lethargie aufwecken?

Feedback von Barbara Falke:

Klingt gut und ich verstehe die neuen Hoffnungen. Angesichts der globalen Verstrickungen und Übermacht des Finanzsystems kann ich mir aber nicht vorstellen, dass es ihm gelingt. Trotzdem braucht es Menschen wie ihn und ich zähle auch Varoufakis dazu, die sich diesem Kampf stellen und für ein anderes Europa kämpfen. Wünschen wir ihm viel Kraft.

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