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Aus dem Kapitel "Das Vaterunser"

Natürlich braucht jeder Mensch auch Schutz, damit ihm kein Schaden zugefügt wird. Wir leben in einer Zeit, in der viele ihr Heil in der Gewalt suchen. Und jeder Mensch braucht Behütung, damit er nicht selbst zum Gehässigen oder sogar zum Gewalttäter wird. Die Formulierung „Und führe uns nicht in Versuchung“ ist dazu ganz inadäquat. Wie in PM-Perspek­tive 04/2006 berichtet wurde, hat Ruth Lapide bei der französischen Bischofskonferenz nach jahrelanger Intervention erreicht, dass zumindest in Frankreich stattdessen gebetet wird: „Und lass uns der Versuchung nicht erliegen“. Die Begründung für diese Version stammt von Pinchas Lapide, aus seinem Buch „Ist die Bibel richtig übersetzt? Band 1“, und erfolgt durch Rückübersetzung des griechischen Textes ins Hebräische. Da wir restlos auf Gott angewiesen sind, habe ich die Formulierung gewählt: „Lass uns niemals den Glauben an dich verlieren“. Das Verstehen dieser restlosen Angewiesenheit ist kein Weg in den Kerker, sondern ein Weg in den freien Raum.

Ebenfalls für inadäquat halte ich die Formulierung „sondern erlöse uns von dem Bösen“, denn dadurch wird das Böse als etwas abgestoßen, das in einer sogenannten Ewigkeit im eigenen Saft schmoren und sich aussichtslos und verzweifelt abquälen muss, statt dass auch ihm der Weg zu Gott geöffnet wird. Man sagt als Gegenargument, dass sich ja jedes Wesen aus freiem Willen von Gott abwendet. Dieses Argument halte ich für Zynismus oder zumindest für ein Zeichen von Uneinsichtigkeit, denn es verkennt die ungeheure, wenn auch möglicherweise verborgene oder sogar vergrabene Sehnsucht von allen Wesen nach Gemeinschaft und nach dem Aufgehen in Gott. Daher lautet meine Bitte: „und löse uns aus allen Verstrickungen des Bösen“ und lass uns Helfer sein für alle, die verstrickt sind, über unseren Tod hinaus. Und wenn es dämonische Wesen sind, so sind sie umso mehr auf unsere Hilfe angewiesen, damit das Licht in ihnen frei werden kann.


Aus dem Kapitel "Ein Exkurs: Indianische Religiosität"

Thomas Banyacya, ein Hopi, sagt: „Unsere Prophezeiungen sprechen von weißen Menschen. Sie waren einst unsere Brüder, die nach Osten gingen. Dort lernten sie alles über Erfindungen. Es war vorgesehen, dass sie mit den Erfindungen hierher zurückkommen und uns zu einem besseren Leben verhelfen, dass sie unseren spirituellen Kreis vollenden. Aber statt des Symbols des Kreises brachten sie das des Kreuzes. Der Kreis führt Menschen zusammen, das Kreuz trennt sie voneinander. Das Kreuz spaltet. Und das haben sie mit uns Indianern vor. Sie wollen uns ans Kreuz hängen – an ein Kreuz aus Uran!“

Der spirituelle Kreis ist ganz wichtig. Wenn wir in der evangelischen Kirche meines Wohnortes das Abendmahl empfangen, stehen wir im Kreis. Und dann reichen wir einander die Hände. Das schafft eine innere Verbindung.

Jesus wurde nie an ein Kreuz gehängt. Er wurde an einen Querbalken gebunden und genagelt, der dann an einem Pfahl hochgezogen und oben befestigt wurde. So entstand ein T.

Die Indianer haben das Kreuz bei den Weißen als Zeichen des Kampfes und der Spaltung kennen gelernt. Das Kreuz hat natürlich Bedeutungen, die darüber hinausgehen. „Die horizontale Linie steht symbolisch für die Erde, so wie die vertikale Linie auf den Himmel deuten lässt. Die Verbindung dieser beiden Linien zu einem Kreuz symbolisiert somit die gleichmäßige Verbindung von Himmel und Erde … Im Christentum symbolisiert der vertikale Balken die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen.“ Der horizontale Balken des Kreuzes zeigt die Beziehung, die die Menschen miteinander verbinden soll. (Nach Wikipedia.)

Und wieso ein Kreuz aus Uran? Das erkläre ich jetzt. Die Weißen haben die Indianer in unwegsame Gebiete zurückgetrieben. Aber nachdem das geschehen war, hat man dort Bodenschätze, wie die Weißen sagen, gefunden. Das betrifft genauso die Black Hills der Lakota wie den Big Mountain der Hopi und Navajo. Für die Lakota sagt Mathew King: „Der weiße Mann hat uns hundert Millionen Dollars für unsere Black Hills geboten. Aber nicht einmal hundert Milliarden wären genug … Sie würden nicht den Schaden decken, den ihr angerichtet habt. Ihr könnt uns nie für das bezahlen, was ihr gestohlen und zerstört habt. Ihr könnt nie bezahlen für all die Adler, die ihr getötet habt, all die Büffel, das Wild. Und nicht für all die Indianer, die ihr getötet habt. Die Black Hills sind nicht zu verkaufen. Die Black Hills sind die Geburtsstätte der Lakota, dort sind unsere Vorfahren begraben, dort feiern wir heilige Zeremonien. * Jetzt, wo ihr herausgefunden habt, dass das Land hier reich an Gold, Kupfer, Kohle und Uran ist, ärgert ihr euch vielleicht darüber, dass ihr uns damals in diese Berge und Badlands zurückgetrieben habt. Denn jetzt wollt ihr das Uran. Aber ihr könnt es nicht haben. Wir sind die Hüter des Urans von Großmutter Erde. Ihr könnt es nicht haben. Ihr würdet es nur dazu benutzen, die Welt Gottes [dessen, der alles schenkt und zu dem wir gehören] zu zerstören.“

Obwohl die Lakota verarmt waren, schlugen sie das Angebot der US-Regierung aus, und sie führen bis heute einen Rechtsstreit gegen die Regierung.


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